VERFASSUNGS‑URKUNDE
FÜR DAS KURFÜRSTENTHUM HESSEN VOM 13. APRIL 1852 Von Gottes Gnaden Wir
Friedrich Wilhelm I., Kurfürst von Hessen, etc etc. ertheilen, nachdem in Folge
der in Unserm Staate eingetretenen Irrungen das Anrufen der Bundeshülfe
erforderlich geworden und in Folge der Leistung derselben diejenige
Beschlußnahme der Bundesversammlung stattgefunden hat, zu welcher für sie durch
den Artikel 61 der Wiener Schlußacte die bundesgesetzliche Veranlassung gegeben
ist, dem gemäß folgende Verfassungs‑Urkunde. (Der Text der
oktroyierten kurhessischen Verfassung von 1852 schließt sich an die Verfassung
von 1831 an, beseitigt oder verändert aber eine Anzahl von Bestimmungen mit
ausgesprochen liberaler oder demokratischer Tendenz, so den § 8
(Regentschaftsrat), § 26 (Gleichheit vor dem Gesetz), § 27 (freie Berufswahl),
§ 28 (Freier Zugang zu öffentlichen Aemtern), § 31 (Freiheit der Person und des
Eigentums), § 37 (Freiheit der Presse und des Buchhandels), § 46
(Verfassungseid der Gemeindeorgane), § 56 (Absetzung der Beamten nur im
gerichtlichen Verfahren), § 63 (Einkammersystem, an dessen Stelle das
Zweikammersystem tritt), § 97 (Gesetzesinitiative der Stände), § 98
(Steuerbewilligungsrecht der Stände), § 154 (Verfassungsstreitigkeiten werden
nicht mehr durch ein Gericht, sondern durch den Bundestag entschieden), § 156
(der Verfassungseid des Heeres wird aufgehoben). Am 30. März 1860
oktroyierte der Kurfürst eine neue Verfassung mit nur einer Kammer. In dem neu
entstehenden Verfassungskonflikt verfügte der Bundestag 1862 die
Wiederherstellung der Verfassung von 1831. FONTE: Quellen zum Staatsrecht der Neuzeit, Vol. I, Matthysen, Tübingen 1949. |
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