VERFASSUNGSURKUNDE FÜR DAS KÖNIGREICH WÜRTTEMBERG

NACH DEM STANDE DER GESETZE VOM 16. JULI 1906,

15. JULI 1911 UND 13. JULI 1912

 

 

(Im Folgenden sind die Bestimmungen, die gegenüber dem Verfassungstext von 1819 unverändert geblieben sind, nicht wiederholt, sondern durch einen entsprechenden Hinweis gekennzeichnet. Die später geänderten oder hinzugesetzten Bestimmungen dagegen sind im Wortlaut angeführt, wobei das Gesetz erwähnt ist, das sie in die Verfassung eingeführt hat.)

 

Vorspruch: unverändert.

 

I. Von dem Königreiche

 

§§ 1-3 – unverändert.

 

II. Von dem Könige, der Thronfolge und der Reichsverwesung

 

§§ 4-12, 14 – unverändert.

§§ 13, 15, 16 – (Gesetz vom 15. Juli 1911).

In diesen §§ wurde das Wort "Geheimer Rath” durch das Wort "Staatsministerium" ersetzt.

§§ 17, 18 – unverändert.

 

III. Von den allgemeinen Rechts-Verhältnissen der Staatsbürger

 

§§ 19-26 – unverändert.

§ 27, Abs. 1 – unverändert.

§ 27, Abs. 2 – (Gesetz vom 31. Dezember 1861).

Die staatsbürgerlichen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse.

§§ 28, 29 – unverändert.

§ 30 – (Gesetz vom 20. Dezember 1888).

Niemand kann gezwungen werden, sein Eigenthum und andere Rechte für allgemeine Staats- oder Korporationszwecke abzutreten, ehe über die Nothwendigkeit in dem gesetzlich bestimmten Verfahren von der zuständigen Behörde entschieden und volle Entschädigung geleistet worden ist. Entsteht aber ein Streit über die Summe der Entschädrigung und will sich der Eigenthümer bei der Entscheidung der Verwaltungsbehörde nicht beruhigen, so ist die Sache im ordentlichen Rechtswege zu erledigen, einstweilen aber die von jener Stelle festgesetzte Summe ohne Verzug auszubezahlen.

Den politischen Gemeinden sind bezüglich der Zulässigkeit der Zwangsenteignung dlie

Kirchengemeinden gleichgestellt.

§§ 31-37 – unverändert.

§ 38 – (Gesetz vom 1. Juli 1876).

An die Stelle des "Geheimen Rates” ist das "Staatsministerium" getreten.

§§ 39-42 – unverändert.

 

IV. Von den Staats-Behörden

 

§§ 43-46 – unverändert.

§§ 47, 48 – 1) Gesetz vom 30. Januar 1862:

Die §§ 47 und 48 der Verfassungsurkunde finden auf katholische Kirchendiener bei Verfehlungen, welche dieselben sich hinsichtlich ihres Wandels oder der Führung ihres kirchlichen Amtes zur Schuld kommen lassen, fernerhin keine Anwendung.

2) Gesetz betr. die Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten vom 28. Juni 1876. Durch die Vorschriften dieses Abschnittes (sc. "Von den Disziplinarstrafen und dem Disziplinarverfahren”) werden die §§ 46–48 der Verfassungsurkunde in ihrer Geltung für die unter das gegenwärtige Gesetz fallenden Beamten aufgehoben, dagegen die §§ 195–205 der Verfassungsurkunde nicht berührt.

3) Gesetz vom 30. Dezember 1877:

Durch die Vorschriften dieses Abschnitts werden die §§ 47 und 48 der Verfassungsurkunde in ihrer Geltung für die Volksschullehrer aufgehoben.

4) Gesetz vom 21. Mai 1891:

Die §§ 47 und 48 dier Verfassungsurkunde und der Art. 5 des Gesetzes vom 4. März 1879 zur Ausführung der Reichsstrafprozeßordnung (Reg. Bl. S. 50) treten für die Vorsteher und die übrigen Beamten der Gemeinden, Stiftungen und sonstigen unter der Aufsicht des Ministeriums des Innern stehenden öffentlichen Körperschaften außer Wirksamkeit.

5) Gesetz vom 18. Juli 1895:

Die §§ 47 und 48 der Verfassungsurkunde finden auf evangelische Geistliche fernerhin keine Anwendung.

6) Gesetz vom 15. Juli 1911:

Die §§ 47 und 48 der Verfassungsurkunde werden aufgehoben.

§ 49 – (Gesetz vom 28. Juli 1876).

Der § 49 der Verfassungsurkunde ist aufgehoben.

§§ 59-53 – unverändert.

§ 54 – 1) Verfassungsgesetz betr. die Bildung eines Staatsministeriums vom 1. Juli 1876.

Art. 1 – Die Minister oder Chefs der Verwaltungsdepartements bilden das Staatsministerium.

Die bestehende Zahl der Departements kann nur durch ein Gesetz geändert werden.

Art. 2 – Der König ernennt und entläßt die Minister und Departementschefs nach eigener freier

Entschließung.

Art. 3 – Der Vorsitz im Staatsministerium wird, soferne nicht der König an einer Berathung Theil nimmt, von einem durch Königliche Entschließung aus der Zahl der Minister oder Departementschefs ernannten Präsidenten geführt.

Dem Präsidenten des Staatsministeriums kommt die Leitung der Geschäfte und die Dienstaufsicht über das demselben zur Dienstleistung beigegebene Personal zu.

Art. 4 – Kein Mitglied des Staatsministeriums kann, außer dem Falle, wenn der Gegenstand dasselbe persönlich angeht, von der Theilnahme an den Berathungen ausgeschlossen werden.

Art. 5 – Dem Staatsministerium sind zur Bearbeitung der Geschäfte und zur Theilnahme an den Berathungen ständige Räthe beigegeben.

Die Funktionen von Räthen des Staatsministeriums versehen bis auf Weiteres Mitglieder des Geheimen-Raths, welche vom König hiezu beauftragt werden.

Eine zählende Stimme kommt ihnen im Staatsministerium nicht zu.

Außerdem können für einzelne Gegenstände sonstige Beamte oder Fachmänner beigezogen werden.

Art. 6 – Der Geschäftskreis des Staatsministeriums umfaßt die Berathung aller allgemeinen Angelegenheiten, namentlich solcher, welche auf die Staatsverfassung, auf die Organisation der Behörden und die Abänderung der Territorialeintheilung, auf die Staatsverwaltung im Allgemeinen und die Normen derselben oder auf die allgemeinen Verhältnisse des Staats zu den Religionsgesellschaften sich beziehen, wie auch der Gegenstände der Gesetzgebung und allgemeiner Verordnungen, soweit es sich von deren Erlassung, Abänderung oder authentischen Erklärung handelt, ferner aller wichtigen Verhältnisse zu anderen Staaten. Alle dem Könige vorzulegenden Vorschläge der Minister in solchen Angelegenheiten müssen in dem Staatsministerium zur Berathung vorgetragen und mit dessen Gutachten begleitet an den König gebracht werden.

Außerdem gehören in den Geschäftskreis des Staatsministeriums als berathender Behörde alle ständischen Angelegenheiten, alle Angelegenheiten, welche die Beziehungen zum Deutschen Reiche betreffen, sowie alle diejenigen Gegenstände, welche demselben von dem Könige zur Berathung besonders aufgetragen werden.

Art. 7 – Anträge auf Abänderung der Landesverfassung, der Landesverfassungsgesetze und der Reichsverfassung Art. 78 Abs. 1 und 2, ferner Normen, welche sich auf die allgemeinen Verhältnisse des Staats zu den Religionsgesellschaften beziehen, sowie Anträge in besonders wichtigen oder sonst geeigneten Angelegenheiten, namentlich in den Gebieten der Gesetzgebung und der Erlassung allgemeiner Verordnungen, unterliegen weiterhin der Begutachtung durch den Geheimen-Rath. Derselbe hat außerdem Alles zu berathen, was ihm von dem Könige besonders aufgetragen wird.

Bei solchen Berathungen des Geheimen-Raths führt, wofern nicht der König an einer Berathung Theil nimmt, der Präsident des Staatsministeriums der Vorsitz.

Die Gurachten des Geheimen-Raths werden dem Könige durch das Staatsministerium vorgelegt.

Art. 8 – Die in den §§ 38, 126 und 160 Abs. 2 und 4 der Verfassungsurkunde bezeichneten

Zuständigkeiten des Geheimen-Raths gehen auf das Staatsministerium über.

Dasselbe tritt bezüglich der Anwendung des § 172 Abs. 2 der Verfassungsurkunde an die Stelle des Geheimen-Raths.

Art. 9 – Die §§ 38, 54, 56, 59 Ziff. 1 und 4, 126, 160 Abs. 2 und 4, 172 Abs. 2 der Verfassungsurkunde sind nach Maßgabe der Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes abgeändert.

Unsere sämmtlichen Ministerien sind mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.

2) Gesetz vom 15. Juli 1911:

Der § 54 wird aufgehoben.

§ 55 – aufgehoben durch Gesetz vom 15. Juli 1911.

§ 56 – geändert durch Gesetz vom 1. Juli 1876 (s. oben zu § 54).

§ 57 – 1) Durch Gesetz vom 29. März 1865 Art. 3 wurden an Stelle des § 57 Abs. 2 folgende Absätze gestellt:

Die Pension eines Ministers beträgt 3000 fl.; die Pension der übrigen Mitglieder des Geheimen-Raths wird nach Artikel 2 dieses Gesetzes berechnet. Jedoch haben diese Staatsdiener auch Anspruch auf Pension, wenn sie das zehnte Dienstjahr noch nicht angetreten haben. Ihre Pension kann 3000 fl. nicht übersteigen, aber auch nicht unter die Hälfte der Besoldung sinken, sofern diese Hälfte nicht über 3000 fl. ausmacht.

Im Wege besonderer Zusicherung kann bei der Anstellung die Pension der Minister bis auf 4000 fl., die der übrigen Mitglieder des Geheimen-Raths in den Grenzen des höchsten Betrages von 3000 fl. bis auf zwei Drittheile ihres Dienstgehalts festgesetzt werden.

(Dazu Gesetz vom 28. Juli 1876, das die Pension der Minister auf 7000 Mark, die Höchstpension der übrigen Mitglieder des Geheimen-Raths auf 6000 Mark festgesetzt hat.)

2) Gesetz vom 15. Juli 1911:

Der § 57 ist aufgehoben.

§§ 58, 59 – geändert durch Gesetz vom 1. Juli 1876 (s. oben zu § 54), aufgehoben durch Gesetz vom 15. Juli 1911.

§ 60 – aufgehoben durch Gesetz vom 16. Dez. 1876 (Ziff. 1 undl 2) und Gesetz vom 20. Dez. 1888 (Ziff. 3).

§ 61 – aufgehoben durch Gesetz vom 15. Juli 1911.

 

V. Von den Gemeinden und Amts-Körperschaften

 

§§ 62-69 – unverändert.

 

VI. Von dem Verhältnisse der Kirchen zum Staate

 

§§ 70, 71 – unverändert.

§ 72 Satz 1 – unverändert.

§ 72 Satz 2 – aufgehoben und ersetzt (Gesetz vom 30. Januar 1862).

Die von dem Erzbischof, dem Bischof und den übrigen kirchlichen Behörden ausgehenden allgemeinen Anordnungen und Kreisschreiben an die Geistlichkeit und Diözesanen, wodurch dieselben zu etwas verbunden werden sollen, was nicht ganz in dem eigenthümlichen Wirkungskreise der Kirche liegt, sowie auch sonstige Erlasse, welche in staatliche oder bürgerliche Verhältnisse eingreifen, unterliegen der Genehmigung des Staates. Solche allgemeine kirchliche Anordnungen und öffentliche Erlasse dagegen, welche rein geistliche Gegenstände betreffen, sind der Staatsbehörde gleichzeitig mit der Verkündigung zur Einsicht mitzutheilen.

Denselben Bestimmungen unterliegen die auf Diözesan- und Provinzialsynoden gefaßten Beschlüsse; ebenso die päbstlichen Bullen, Breven und sonstigen Erlasse, welche immer nur von dem Bischof verkündet und angewendet werden dürfen.

§§ 73-84 – unverändert.

 

VII. Von Ausübung der Staatsgewalt

 

§§ 85-101 – unverändert.

 

VIII. Von dem Finanzwesen

 

§§ 102-123 – unverändert.

 

IX Von den Landständen

 

§§ 124, 125 – unverändert.

§ 126 – geändert durch Gesetz vom 1. Juli 1876 (s. oben zu § 54).

§§ 127, 128 – unverändert.

§ 129 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Erste Kammer besteht

1) aus den Prinzen des Königlichen Hauses;

2) aus den Häuptern der fürstlichen und gräflichen Familien, auf deren Besitzungen vormals eine Reichs- oder Kreistagsstimme geruht hat, sowie aus den Häuptern der gräflichen Familien von Rechherg und von Neipperg, solange sie sich im Besitz ihres mit Fideikommiß belegten, nach dem Rechte der Erstgeburt sich vererbenden Grundvermögens im Königreich befinden;

3) aus höchstens sechs von dem König auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern;

4) aus acht Mitgliedern des ritterschaftlichen Adels (vergl. § 132);

5) aus dem Präsidenten des Evangelischen Konsistoriums, dem Präsidenten der Evangelischen Landessynode – im Falle der Erledigung der Stelle dem durch die Landessynodalordnung bestimmten Stellvertreter desselben – und zwei evangelischen Generalsuperintendenten, ferner einem Vertreter des Bischöflichen Ordinariats (des Landesbischofs nebst dem Domkapitel) und einem von den katholischen Dekanen aus ihrer Mitte gewählten Mitgliede (vergl. § 132a Abs. 1 und 2);

6) aus je einem Vertreter der Landesuniversität in Tübingen und der Technischen Hochschule in Stuttgart (vergl. § 132a Abs. 3);

7) aus zwei Vertretern des Handels und der Industrie, zwei Vertretern der Landwirtschaft und einem Vertreter des Handwerks (vergl. § 132b).

§ 130 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Insoweit als Landlstandsschaftsrechte der in § 129 Ziff. 2 bezeichneten Art auf andere Weise als durch freiwilligen Entschluß dauernd wegfallen, erhöht sich entsprechend die Höchstzahl der nach § 129 Ziff. 3 von dem König auf Lebenszeit zu ernennenden Mitglieder.

§§ 131, 132 – aufgehoben durch Gesetz vom 16. Juli 1906.

§ 132 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die acht ritterschaftlichen Mitglieder der Ersten Kammer werden zusammen von den immatrikulierten Besitzern oder Teilhabern der Rittergüter des Königreichs aus sämtlichen Mitgliedern ritterschaftlicher Familien gewählt.

Die Wahl findet in Stuttgart unter der Leitung einer von dem Ministerium des Innern bestellten Wahlkommission statt, die aus einem Vorstand und zwei aus der Zahl der wahlberechtigten Mitglieder des ritterschaftlichen Adels zu ernennenden Beisitzern besteht.

§ 132a – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die zwei evangelischen Generalsuperintendenten werden unter der Leitung eines von dem Ministerium des Kirchen- und Schulwesens bestellten Wahlkommissars von sämtlichen evangelischen Generalsuperintendenten, der Vertreter des Bischöflichen Ordinariats wird von diesem aus seiner Mitte gewählt.

Die Wahl des katholischen Dekans findet in einem Zusammentritt der Dekane katholischer Konfession, soweit sie nicht dem Bischöflichen Ordinariat angehören, unter der Leitung eines von dem Ministerium des Kirchen- und Schulwesens bestellten Wahlkommissars statt.

Die Vertreter der Landesuniversität und der Technischen Hochschule werden je von dem akademischen Senat aus seiner Mitte gewählt.

§ 132b – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Vertreter des Handels und der Industrie, der Landwirtschaft sowie des Handwerks werden je für die Dauer einer Wahlperiode durch den König ernannt. Diese Ernennung erfolgt je auf den Vorschlag der gesetzlich organisierten Berufskörperschaften, und zwar werden die Vertreter des Handels und der Industrie durch die Handelskammern aus der Zahl der zu Mitgliedern dieser Kammern wählbaren Personen, die Vertreter des Handwerks durch die Handwerkskammern aus der Zahl der zu Mitgliedern dieser Kammern wählbaren Personen, die Vertreter der Landwirtschaft, solange die Einrichtung einer oder mehrerer Landwirtschaftskammern noch nicht zur gesetzlichen Durchführung gelangt sein wird, durch die Mitglieder der Ausschüsse der landwirtschaftlichen Gauverbände aus den Kreisen derjenigen Personen, welche als Eigentümer, Nutznießer, Pächter oder Verwalter landwirtschaftlich benützter Grundstücke für die Zwecke der Landwirtschaft tätig

sind, vorgeschlagen.

Die Vorschläge enthalten je die doppelte Zahl der zu ernennenden Personen. Im Fall des Nichteintritts einer oder mehrerer der vorgeschlagenen und ernannten Personen in die Ständeversammlung oder ihres Ausscheidens aus derselben kann von der Anordnung der Ergänzung der Vorschlagsliste für die Neuernennung Umgang genommen werden.

§ 133 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Zweite Kammer (Kammer der Abgeordneten) besteht

1) aus je einem Abgeordneten eines jeden Oberamtsbezirks,

2) aus sechs Abgeordneten der Stadt Stuttgart und je einem Abgeordneten der Städte Tübingen, Ludwigsburg, Ellwangen, Ulm, Heilbronn und Reutlingen,

3) aus siebzehn Abgeordneten zweier Landeswahlkreise, von denen der erste den Neckarkreis und den Jagstkreis umfaft und neun Abgeordnete wählt, der zweite den Schwarzwaldkreis und den Donaukreis umfaßt und acht Abgeordnete wählt.

Eine Veränderung in der Einteilung der Kreise des Landes ist Gegenstand der ordentlichen Gesetzgebung.

§ 133a – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Abgeordneten der Zweiten Kammer (§ 133) werden durch diejenigen Staatsbürger unmittelbar gewählt, welche nach § 142 zur Ausübung des Wahlrechts berechtigt sind und in dem Wahlbezirk ihren Wohnsitz oder ihren nicht bloß vorübergehenden Aufenthalt haben.

§ 134 Abs. 1 – unverändert.

§ 134 Abs. 2 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Zu Mitgliedern der ersten und zweiten Kammer können nur solche Personen gewählt oder ernannt werden, die am Tage der Wahl oder Ernennung das fünfundzwanzigste Lebensjahr zurückgelegt haben.

§ 135 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Zum Eintritt in die Ständeversammlung sind außerdem männliches Geschlecht, der Besitz der württembergischen Staatsangehörigkeit und ein Wohnsitz im Königreich erforderlich. Der Eintritt der in § 129 Ziff. 1 und 2 bezeichneten Mitglieder hat einen Wohnsitz im Deutschen Reich zur Voraussetzung.

Im Falle der Wahl oder Ernennung muß der Eintretende die Staatsangehörigkeit und den Wohnsitz am Tage der Wahl oder Ernennung besessen haben.

Einen Wohnsitz im Sinne des Abs. 1 hat eine Person an dem Orte, an dem sie eine Wohnung unter Umständen inne hat, welche auf die Absicht der dauernden Beibehaltung einer solchen schließen lassen.

Von dem Eintritt in die Ständeversammlung sind diejenigen Personen ausgeschlossen, welchen nach § 142 Abs. 2 Ziff. 1 bis 4 die Ausübung des Wahlrechts versagt ist.

§§ 136, 137 – aufgehoben durch Gesetz vom 16. Juli 1906.

§§ 138-141 – aufgehoben durch Gesetz vom 26. März 1868.

§ 142 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Zur Ausübung des Wahlrechts für die Ständeversammlung sind männliches Geschlecht, der Besitz der württembergischen Staatsangehörigkeit und die Zurücklegung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres erforderlich.

Von der Berechtigung zum Wählen sind ausgeschlossen:

1.      Personen, welche unter Vormundschaft stehen, entmündigt sind oder wegen geistiger Gebrechen unter Pflegschaft stehen;

2.      Personen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet ist, während der Dauer des Verfahrens;

3.      Personen, welche – den Fall eines vorübergehenden Unglücks ausgenommen – eine Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln beziehen oder im letzten der Wahl vorhergegangenen Jahr bezogen haben und diese zur Zeit des endgültigen Abschlusses der Wählerliste nicht wieder erstattet haben;

4.      Personen, denen infolge rechtskräftiger Verurteilung der Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte entzogen ist, für die Zeit der Entziehung, sofern sie nicht in diese Rechte wieder eingesetzt sind.

§ 142a – (Gesetz vom 26. März 1868).

Die Wahlen erfolgen durch geheime Stimmgebung.

§ 143 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Ausübung des Wahlrechts kann nicht durch einen Bevollmächtigten geschehen.

§ 144 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Bei den Wahlen zur Ersten Kammer (§ 132 und 132a) und bei den Wahlen der Abgeordneten der Oberamtsbezirke und Städte zur Zweiten Kammer (§ 133 Ziff. 1 und 2) gilt, vorbehaltlich der in Abs. 3 getroffenen Bestimmungen, im ersten Wahlgang nur derjenige als gewählt, auf welchen sich mehr als die Hälfte der gültig abgegebenen Stimmen vereinigt hat.

Hat sich eine solche Mehrheit nicht ergeben, so ist ein zweiter Wahlgang anzuordnen, bei welchem die verhältnismäßige Stimmenmehrheit und im Falle der Stimmengleichheit das Los entscheidet.

Die sechs Abgeordneten der Stadt Stuttgart und die siebzehn Abgeordneten der beiden Landeswahlkreise werden je in einem Wahlgang nach dem Grundsatz der Listen- und Verhältniswahl gewählt.

§ 144a – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Nach den Vorschriften des § 144 Abs. 1 und 2 werden auch die Vorschlagswahlen für die Ernennung der Vertreter des Handels und der Industrie, der Landwirtschaft und des Handwerks zu der Ersten Kammer (§ 132b) vorgenommen.

§ 145 – aufgehoben durch Gesetz vom 16. Juli 1906.

§ 146 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Zum Abgeordneten der Zweiten Kammer kann jeder gewählt werden, welchem die oben (§ 134 und § 135) vorgeschriebenen Eigenschaften nicht fehlen. Jedoch können bei den Wahlen für die Abgeordneten der Oberamtsbezirke und Städte Staatsdiener nicht innerhalb des Bezirks ihrer Amtsverwaltung und Kirchendiener nicht innerhalb des Oberamtsbezirks, in welchem sie wohnen,

gewählt werden.

Auch können die der Ersten Kammer durch Geburt oder Amt angehörenden Mitglieder in die Ständeversammlung nicht gewählt werden.

Beamte bedürfen zur Annahme einer Wahl keines Urlaubs.

Wenn ein gewähltes Ständemitglied ein besoldetes Reichs- oder Staatsamt annimmt, oder im Reichs- oder Staatsdienst in ein Amt eintritt, mit welchem ein höherer Gehalt oder Rang verbunden ist, so verliert es Sitz und Stimme in der Ständeversammlung und kann seine Stelle in derselben nur durch neue Wahl wieder erlangen.

§ 147 – (Gesetz vom 16 Juli 1906).

Wer mehrmals in die Ständeversammlung gewählt worden ist, kann nur eine der auf ihn gefallenen Wahlen annehmen.

Niemand kann gleichzeitig Mitglied beider Kammern sein.

§ 148 – aufgehoben durch Gesetz vom 16. Juli 1906.

§§ 149, 150 – aufgehoben durch Gesetz vom 26. März 1868.

§ 151 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Vorschriften über die Vorschlagswahl zur Berufung der Vertreter des Handels und der Industrie, der Landwirtschaft sowie des Handwerks in die Erste Kammer und über die Wahl der Abgeordneten der Zweiten Kammer werden durch Gesetz näher bestimmt.

Die Mitglieder der Wahlkommissionen können nicht durch die Wahlhandlung, bei deren Leitung sie beteiligt sind, gewählt werden.

Ebenso sind bei den Wahlen der Ritterschaft die zur Leitung der Wahlhandlung zuzuziehenden ritterschaftlichen Mitglieder (§ 132 Abs. 2) nicht wählbar.

§ 152 – aufgehoben durch Gesetz vom 26. März 1868.

§ 153 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Hat der Gewählte (§ 132, 132a, 133) die Wahl nicht angenommen, so ist eine neue Wahl anzuordnen. Auf die nach dem Grundsatz der Verhältniswahl vollzogenen Wahlen findet diese Bestimmung keine Anwendung.

§ 154 – (Gesetz vom 26. März 1868).

Nach dem Schlusse der Wahlhandlung wird für den Gewählten zu dessen Legitimation eine Wahlurkunde mit der Unterschrift der zu Feststellung des Wahlergebnisses gesetzlich berufenen Personen ausgefertigt.

§ 155 – unverändert.

§ 156 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Mitglieder beider Kammern haben ihr Stimmrecht in Person auszuüben. Niemand kann eine doppelte Stimme führen.

Es steht jedoch das Recht der Stellvertretung den in § 129 Ziff. 2 genannten Mitgliedern der Ersten Kammer insoweit zu, daß sie, wenn sie durch Krankheit oder andere, nicht unter die Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 Ziff. 2 bis 4 fallende Verhältnisse gehindert sind, selbst in der Ersten Kammer zu erscheinen, und diese die Gründe als zutreffend anerkennt, einen Agnaten mit

der Stellvertretung beauftragen können.

Steht eines der in § 129 Ziff. 2 genannten Mitglieder unter Vormundschaft, so kann der Vormund einen Agnaten mit der Stellvertretung beauftragen oder, wenn er selbst Agnat ist, die Stellvertretung übernehmen.

Der Stellvertreter muß die zum Eintritt in die Ständeversammlung erforderlichen Eigenschaften besitzen (§ 134 Abs. 1, § 135 und § 142 Abs. 2. Ziff. 1 bis 4).

§ 157 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Je nach Ablauf von sechs Jahren, gerechnet vom Tag der letzten allgemeinen Hauptwahl der Abgeordneten der Oberamtsbezirke und Städte zur Zweiten Kammer (§ 133 Ziff. 1 und 2), muß eine neue Wahl sämtlicher durch Wahl berufenen Mitglieder der Ständeversammlung angeordnet werden. Die bisherigen Mitglieder sind wieder wählbar.

§ 158 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Während dieses sechsjährigen Zeitraums erfolgt der Austritt eines Mitglieds der Ständeversammlung, außer den Fällen des freiwilligen Entschlusses (vergl. auch § 147 Abs. 2), des § 146 Abs. 4 oder der gerichtlich erkannten Ausschließung (§ 203), nur dann, wenn das Mitglied

1) das Grundvemögen, den Stand odrer das Amt, worauf seine Befähigung beruht, zu besitzen aufhört;

2) in der Zwischenzeit eine der oben (§ 135 und 142 Abs. 2 Ziff. 1 bis 4) festgesetzten Eigenschaften verliert.

Im Falle des Austritts wird, wenn der Austretende nicht ein nach dem Grundsatz der Verhältniswahl gewähltes Mitglied der Ständeversammlung war, eine neue Wahl für den noch übrigen Teil der Wahlperiode vorgenommen.

§ 159 Abs. 1 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Mitglieder beider Kammern haben sich vor Eröffnung des Landtags bei dem Ständischen Ausschuß (§ 187) durch Vorlegung des Einberufungsschreibens, welches in den Fällen der Stellvertretung (§ 156) von einem ordnungsmäßigen Nachweis begleitet sein muß, durch Vorlegung der Wahlurkunde oder durch Bezugnahme auf das Wahlprotokoll zu legitimieren.

§ 159 Abs. 2 und 3 – unverändert.

§ 160 – abgeändert durch Gesetz vom 1. Juli 1876 (s. oben zu § 54).

§ 161 – unverändert.

§ 162 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Sitzordnung und die Reihenfolge bei namentlichen Abstimmungen werden in beiden Kammern durch die Geschäftsordnung bestimmt.

§ 163 – unverändert.

§ 164 – 1) (Gesetz vom 23. Juni 1874).

Der Vorstand der Ständeversammlung besteht aus einem Präsidenten und einem Vicepräsidenten in jeder der beiden Kammern. Das Amt desselben erstreckt sich je auf die Dauer einer ordentlichen Landtagsperiode (§§ 127 und 190).

Den Präsidenten der Ersten Kammer ernennt der König ohne Vorschlag. Der Vicepräsident wird von der Ersten Kammer aus der Zahl ihrer standesherrlichen Mitglieder durch absolute Stimmenmehrheit gewählt.

Die Kammer der Abgeordneten wählt durch absolute Stimmenmehrheit aus ihrer Mitte ihren Präsidenten und Vicepräsidenten.

Hat sich bei einer der obigen Wahlen eine absolute Mehrheit nicht ergeben, so sind diejenigen drei Mitglieder, welche die meisten Stimmen erhalten haben, auf eine engere Wahl zu bringen.

Wird auch bei dieser Wahl keine absolute Mehrheit erreicht, so sind diejenigen beiden Mitglieder, welche die meisten Stimmen in der engeren Wahl erhalten haben, auf eine zweite engere Wahl iu bringen. Tritt in dieser letzten Wahl Stimmengleichheit ein, so entscheidet das Loos. Bei Ausmittelung derjenigen Mitglieder, welche nach den vorstehenden Vorschriften auf die engere Wahl zu bringen sind, entscheidet bei Stimmengleichheit ebenfalls das Loos.

Solange für die betreffende Kammer weder ein Präsident noch ein Vicepräsident bestellt ist, sowie im Falle der Verhinderung derselben, versieht in jeder Kammer die Stelle des Präsidenten das im Lebensalter älteste anwesende Kammermitglied. Das Amt des Alterspräsidenten geht im Falle der Ablehnung seitens des Berufenen auf das im Lebensalter ihm am nächsten stehende Kammermitglied über.

Jede der Kammern wählt auf die Dauer eines Landtags mit relativer Stimmenmehrheit die erforderliche Zahl von Schriftführern aus ihrer Mitte.

Von sämmtlichen Wahlen ist dem Könige Anzeige zu machen.

2) Gesetz vom 16. Juli 1906.

Dem § 164 Abs. 3 wurde folgender Satz zugefügt:

"Sie kann sich für die im Abs. 1 bezeichnete Zeitdauer einen zweiten Vizepräsidenten wählen."

3) Gesetz vom 13. Juli 1912:

Der § 164 Abs. 2 erhielt folgende Fassung:

”Den Präsidenten der Ersten Kammer ernennt der König ohne Vorschlag. Den Vizepräsidenten wählt die Erste Kammer aus ihrer Mitte durch absolute Stimmenmehrheit, auch kann sie in gleicher Weise für die in Abs. 1 bezeichnete Zeitdauer einen zweiten Vizepräsidenten wählen. Gehört der Präsident nicht den standesherrlichen Mitgliedern (§ 129 Ziff. 2) an, so muß der erste Vizepräsident der Zahl der Standesherren entnommen werden. Tritt infolge eines Wechsels in der Person des Präsidenten der Fall ein, daß weder dieser noch der erste Vizepräsident ein Standesherr ist, so erlischt das Amt des letzteren sofort und ist eine Neuwahl vorzunehmen.”

§ 164a – (Gesetz vom 23. Juni 1874).

Jede Kammer regelt innerhalb der verfassungsmäßigen Schranken ihre Geschäftsordnung.

§§ 165, 166 – aufgehoben durch Gesetz vom 23. Juni 1874.

§ 167 Abs. 1 – (Gesetz vom 23. Juni 1874).

Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich; auch haben dieselben ihre Verhandlungen durch den Druck bekannt zu machen.

§ 167 Abs. 2 – unverändert.

§ 168 – (Gesetz vom 23. Juni 1874).

Die Sitzungen werden geheim, theils auf Begehren der Minister und Königlichen Commissarien bei Vorträgen, die sie, ihrer Erklärung nach, im Namen des Königes zu machen haben, und welche nur im Fall einer solchen Erklärung für amtliche Aeusserungen zu halten sind; theils auf den Antrag von wenigstens drei Mitgliedern in der ersten Kammer und von wenigstens zehn Mitgliedern in der zweiten Kammer, wenn diesen, nach vorläufigem Abtreten der Zuhörer, die Mehrheit der Kammer beistimmt.

§ 169 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Die Minister, sowie die Königlichen Kommissare in Ansehung der Gegenstände, zu deren Beratung sie ernannt sind, sind befugt, den Verhandlungen der beiden Kammern und der ständischen Kommissionen – soweit nicht von der betreffenden Kommission die Abhaltung einer vertraulichen Sitzung beschlossen wird – anzuwohnen und an den Beratungen teilzunehmen. Sie können sich auch von anderen, mit dem vorliegenden Gegenstand besonders vertrauten Staatsdienern begleiten lassen. Von dem Zusammentritt der Kommissionen und von dem Gegenstand ihrer Verhandlungen ist dem Staatsministerium rechtzeitig Kenntnis zu geben.

§ 170 – unverändert.

§ 171 – aufgehoben durch Gesetz vom 23. Juni 1874.

§ 172 Abs. 1 – (Gesetz vom 23. Juni 1874).

Das Recht, Gesetze vorzuschlagen, steht dem Könige wie jeder der beiden Kammern zu.

Gesetzesentwürfe über Auflegung von Steuern, über die Aufnahme von Anlehen, über die Feststellung des Staatshaushalts oder über außerordentliche, im Etat nicht vorgesehene Ausgaben können nur vom Könige ausgehen. Auch können Ausgabeposten nichr über den Betrag der von der Regierung vorgeschlagenen Summe erhöht werden.

Von Kammermitgliedern ausgehende Gesetzesvorschläge müssen in der ersten Kammer von mindestens fünf, in der zweiten Kammer von mindestens fünfzehn Mitgliedern unterzeichnet sein.

Auf die von der einen Kammer auf einen Gesetzesvorschlag gefaßten Beschlüsse finden die Bestimmungen der §§ 179 Abs. 1 und 182 Anwendung.

Den Ständen bleibt unbenommen, auch im Wege der Petition auf neue Gesetze sowohl als auf Abänderung oder Aufhebung der bestehenden anzutragen.

§ 172 Abs. 2 (seit 1874 verwandelt in Abs. 6) – geändert durch Gesetz vom 1. Juli 1876 (s. oben zu § 54).

§ 173 Absatz 1 – aufgehoben durch Gesetz vom 23. Juni 1874.

§ 173 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Königliche Anträge sind, wenn dies von der Staatsregierung verlangt wird, vor der Einzelberatung an eine Kommission zu verweisen.

§ 174 – aufgehoben durch Gesetz vom 23. Juni 1874.

§§ 175-180 – unverändert.

§ 181 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Für die Beratung und Beschluffassung über den Hauptetat (§ 111) gelten folgende Bestimmungen:

1.      Der Hauptetat wird in der Zweiten Kammer unter Beachtung des § 110 in Beratung gezogen und es wird von ihr zunächst über die einzelnen Titel desselben Beschluß gefaßt.

2.      Die Beschlüsse der Zweiten Kammer werden sodann der Ersten Kammer zur Beratung und Beschluffassung mitgeteilt. Hat sich dabei die Erste Kammer für Abänderung eines von der Zweiten Kammer gefaßten Beschlusses erklärt, so hat die Zweite Kammer den Gegenstand einer nochmaligen Beratung und Beschlußfassung zu unterziehen. Wenn hiebei die Zweite Kammer einen von demjenigen der Ersten Kammer abweichenden Beschluß faßt, so gilt ihr Beschluß als Beschluß der Ständeversammlung.

Diejenigen Steuern, deren Sätze im Wege der ordentlichen Gesetzgebung fest bestimmt sind, werden, außer in dem Fall der Ablehnung des Etats im ganzen, in diesen Sätzen so lange und insoweit forterhoben, als nicht beide Kammern über die Ablehnung der Steuer oder die Ermäßigung des Steuersatzes einverstanden sind. Eines übereinstimmenden Beschlusses beider Kammern bedarf es, wenn eine Steuer, für welche in einem Steuergesetz ein fester Steuersatz bestimmt ist, in einem höheren Betrag erhoben werden soll.

3.      Nach erfolgter Beschluffassung über die einzelnen Titel des Hauptetats wird über den letzteren im ganzen zuerst in der Zweiten, dann in der Ersten Kammer abgestimmt. Wird hiebei von der Ersten Kammer der von der Zweiten Kammer angenommene Etat abgelehnt, so werden die bejahenden und die verneinenden Stimmen beider Kammern zusammengezählt und wird alsdann nach der Mehrheit sämtlicher Stimmen der Ständebeschluß gefaßt. Würde in diesem Falle Stimmengleichheit eintreten, so hat der Präsident der Zweiten Kammer die Entscheidung.

Bei der Beschluffassung über Aufnahme von Anlehen und über Veräußerungen von Bestandteilen des Kammerguts, auch wenn sie in Verbindung mit der Beschlußfassung über den Hauptetat erfolgen, sind beide Kammern gleichherechtigt.

§§ 182, 183 – unverändert.

§ 184 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Kein Mitglied der Ständeversammlung kann, so lange die Stände versammelt sind, ohne Genehmigung der betreffenden Kammer wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der Tat oder im Laufe des nächstfolgenden Tages ergriffen wird.

Auf Verlangen der Kammer wird jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied derselben und jede Untersuchungshaft für die Zeit, während welcher die Stände versammelt sind, aufgehoben.

Die Bestimmungen finden auf Mitglieder der Ständeversammlung, die zu Kommissionssitzungen einberufen sind, für die Dauer der Kommissionsberatung entsprechende Anwendung; die in Abs. 1 und 2 bezeichneten Befugnisse stehen in solchen Fällen an Stelle der betreffenden Kammer dem Ständischen Ausschuß (§ 190 Abs. 4 Satz 1) zu.

§ 185 – (Gesetz vom 23. Juni 1874).

Kein Ständemitglied darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufs gethanen Aeußerungen gerichtlich oder disciplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Ständeversammlung zur Verantwortung gezogen werden.

Dagegen hat, wenn ein Ständemitglied seine Stellung in der Kammer zu einer Beleidigung oder Verläumdung der Regierung, der Stände oder einzelner Personen mißbraucht, die betreffende Kammer dies zu rügen.

§ 186, Absatz I und 2 – unverändert.

§ 186, Absatz 3 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Im Falle, der Auflösung wird spätestens binnen sechs Monaten eine neue Versammlung einberufen werden; hiezu ist eine neue Wahl der gewählten sowie eine neue Vorschlagswahl und Ernennung der in § 129 Ziff. 7 bezeichneten Mitglieder der Ständeversammlung erforderlich.

§§ 187-192 – unverändert.

§ 193 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Das ständische Amtspersonal besteht außer den Beamten der Staatsschuldenkasse für beide Kammern aus einem Archivar, für jede Kammer aus einem Kanzleidirektor und den weiter erforderlichen Kanzleibeamten. Die Kanzleidirektoren haben zugleich bei dem Ausschuß das Sekretariat zu versehen.

Die auf Lebenszeit anzustellenden Beamten der Staatsschuldenkasse sowie der Archivar werden von den vereinigten Kammern, die auf Lebenszeit anzustellenden Beamten dier einzelnen Kammern werden je von der betreffenden Kammer gewählt. Die anderen Beamten der Staatsschuldenkasse werden von der Staatsschuldenverwaltungsbehörde und die übrigen Beamten jeder Kammer von deren Präsidenten angestellt und entlassen.

Dem König ist die Anstellung der auf Lebenszeit gewählten Beamten zur Bestätigung vorzulegen, ausgenommen die Wahl der Kanzlisten, von welcher nur Anzeige zu machen ist.

Die Dienststellung der ständischen Beamten richtet sich im übrigen nach den bei den Königlichen Beamten geltenden Gesetzen.

Das gesamte ständische Amtspersonal steht bei nicht versammeltem Landtag unter der Aufsicht und den Befehlen des Ausschusses, welcher auch die erforderlich werdenden Amtsverweser zu bestellen hat.

§ 194, Abs. 1 – unverändert.

§ 194, Abs. 2 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Hieher gehören die Entschädigungen, Taggelder und Reisekosten der Mitglieder der Ständeversammlung, die Besoldungen der Beamten und die Belohnungen derjenigen, welche durch besondere Aufträge der Stände oder des Ständischen Ausschusses bemüht gewesen sind, die Unterhaltung einer angemessenen Büchersammlung, die Kanzleikosten überhaupt und andere mit der Geschäftsführung verbundene Ausgaben.

§ 194, Abs. 3 – unverändert.

§ 194, Abs. 4 – (Gesetz vom 16. Juli 1906).

Der Betrag der Entschädigungen, Taggelder und Reisekosten, welchen die Mitglieder der Ständeversammlung einschließlich der Mitglieder des Ständischen Ausschusses kraft vorstehender Verfassungsbestimmung anzusprechen haben, wird durch Gesetz bestimmt.

§ 194, Abs. 5 – aufgehoben durch Gesetz vom 16. Juli 1906.

 

X. Von dem Staatsgerichtshofe

 

§§ 195-205 – unverändert.

 

 

 

 

 

FONTE:

Quellen zum Staatsrecht der Neuzeit, Vol. I, Matthysen, Tübingen 1949.



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