LANDESVERFASSUNG DER FREIEN HANSESTADT BREMEN

vom 21. Oktober 1947

(Gesetz- und Verordnungsblatt 1947 S. 251 ff.)

 

 

Erschüttert von der Vernichtung, die die autoritäre Regierung der Nationalsozialisten unter Mißachtung der persönlichen Freiheit und der Würde des Menschen in der jahrhundertealten Freien Hansestadt Bremen verursacht hat, sind die Bürger dieses Landes willens, eine Ordnung des gesellschaftlichen Lebens zu schaffen,

in der die soziale Gerechtigkeit, die Menschlichkeit und der Friede gepflegt werden,

in der der wirtschaftlich Schwache vor Ausbeutung geschützt und allen Arbeitswilligen ein menschenwürdiges Dasein gesichert wird.

 

Erstes Hauptteil

Grundrechte und Grundpflichten

 

Art. 1 – Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung sind an die Gebote der Sittlichkeit und Menschlichkeit gebunden.

Art. 2 – Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben das Recht auf gleiche wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungsmöglichkeiten.

Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner sozialen Stellung, seiner religiösen oder politischen Anschauungen bevorzugt oder benachteiligt werden.

Art. 3 – Alle Menschen sind frei. Ihre Handlungen dürfen nicht die Rechte anderer verletzen oder gegen das Gemeinwohl verstoßen.

Die Freiheit kann nur durch Gesetz eingeschränkt werden, wenn die öffentliche Sicherheit, Sittlichkeit, Gesundheit oder Wohlfahrt es erfordert.

Niemand darf zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gezwungen werden, wenn nicht ein Gesetz oder eine auf Gesetz beruhende Bestimmung dies verlangt oder zuläßt.

Art. 4 – Glaube, Gewissen und Überzeugung sind frei. Die ungehinderte Ausübung der Religion wird gewährleistet.

Art. 5 – Die Würde der menschlichen Persönlichkeit wird anerkannt und vom Staate geachtet.

Die Unverletzlichkeit der Person wird gewährleistet.

Niemand darf verfolgt, festgenommen oder in Haft gehalten werden außer in den Fällen, die das Gesetz bestimmt, und nur in den von ihm vorgeschriebenen Formen.

Jeder Festgenommene ist unverzüglich, spätestens am nächsten Tage, seinem Richter zuzuführen, der ihn zu vernehmen und über seine Freilassung oder Verhaftung zu entscheiden hat. Solange der Beschuldigte sich in Untersuchungshaft befindet, ist jederzeit von Amts wegen darauf zu achten, ob die Fortdauer der Haft zulässig und notwendig ist. Das Gericht muß in Zwischenräumen von zwei Monaten von Amts wegen nachprüfen, ob die Fortdauer der Haft gerechtfertigt ist. Der Grund der Verhaftung ist dem Beschuldigten sofort, auf sein Verlangen auch seinen nächsten Angehörigen von Amts wegen mitzuteilen.

Jede Härte und jeder Zwang, der zur Ergreifung einer Person oder zur Aufrechterhaltung der Haft nicht notwendig ist, ist verboten. Ebenso ist jeder körperliche oder geistige Zwang während des Verhörs unzulässig.

Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen.

Wer Maßnahmen anordnet oder ausführt, die die Bestimmungen dieses Artikels verletzen, ist persönlich dafür verantwortlich.

Art. 6 – Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

Ausnahmegerichte und Sonderstrafgerichte sind unzulässig.

Ein Beschuldigter gilt solange als nichtschuldig, als er nicht von einem ordentlichen Gericht verurteilt worden ist.

Art. 7 – Eine Handlung kann nur dann mit Strafe belegt werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung begangen wurde. Gilt zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung ein milderes Gesetz als zur Zeit der Tat, so ist das mildere Gesetz anzuwenden.

Niemand darf wegen derselben Tat mehr als einmal gerichtlich bestraft werden.

Eine strafrechtliche Sippenhaftung ist unzulässig.

Art. 8 – Jeder hat die sittliche Pflicht zu arbeiten und ein Recht auf Arbeit.

Jeder hat das Recht, seinen Beruf frei zu wählen.

Art. 9 – Jeder hat die Pflicht der Treue gegen Volk und Verfassung. Er hat die Pflicht, am öffentlichen Leben Anteil zu nehmen und seine Kräfte zum Wohle der Allgemeinheit einzusetzen. Er ist nach Maßgabe der Gesetze verpflichtet, Ehrenämter anzunehmen.

Art. 10 – Bei Unglücksfällen, Notständen und Naturkatastrophen besteht eine allgemeine Verpflichtung zu gegenseitiger Hilfeleistung.

Art. 11 – Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei.

Der Staat gewährt ihnen Schutz und nimmt an ihrer Pflege teil.

Art. 12 – Der Mensch steht höher als Technik und Maschine.

Zum Schutz der menschlichen Persönlichkeit und des menschlichen Zusammenlebens kann durch Gesetz die Benutzung wissenschaftlicher Erfindungen und technischer Einrichtungen unter staatliche Aufsicht und Lenkung gestellt sowie beschränkt und untersagt werden.

Art. 13 – Eigentum verpflichtet gegenüber der Gemeinschaft. Sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen. Unter diesen Voraussetzungen werden Eigentum und Erbrecht gewährleistet.

Eigentum darf nur zu Zwecken des Gemeinwohls, auf gesetzlicher Grundlage und vorbehaltlich der Bestimmung des Artikels 44, nur gegen angemessene Entschädigung entzogen werden.

Art. 14 – Jeder Bewohner der Freien Hansestadt Bremen hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Es ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden, die Verwirklichung dieses Anspruchs zu fördern.

Die Wohnung ist unverletzlich. Zur Bekämpfung von Seuchengefahr und zum Schutz gefährdeter Jugendlicher können die Verwaltungsbehörden durch Gesetz zu Eingriffen und zu Einschränkungen ermächtigt werden.

Durchsuchungen sind nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen und Formen zulässig. Die Anordnung von Durchsuchungen steht dem Richter und nur bei Gefahr im Verzuge oder bei Verfolgung auf frischer Tat auch der Staatsanwaltschaft und ihren Hilfsbeamten zu; eine von der Staatsanwaltschaft oder ihren Hilfsbeamten angeordnete Durchsuchung bedarf jedoch der nachträglichen Genehmigung des Richters.

Art. 15 – Jeder hat das Recht, im Rahmen der verfassungsmäßigen Grundrechte seine Meinung frei und öffentlich durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise zu äußern. Diese Freiheit darf auch durch ein Dienstverhältnis nicht beschränkt werden. Niemandem darf ein Nachteil widerfahren, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.

Eine Zensur ist unstatthaft.

Wer gesetzliche Bestimmungen zum Schurze der Jugend verletzt, kann sich nicht auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen.

Das Postgeheimnis ist unverletzlich. Eine Ausnahme ist nur in einem Strafverfahren, in den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen und Formen und auf Grund einer richterlichen Anordnung zulässig. Bei Gefahr im Verzuge können auch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten eine Beschlagnahme von Postsachen anordnen.

Das Recht, sich über die Meinung anderer zu unterrichten, insbesondere durch den Bezug von Druckerzeugnissen und durch den Rundfunk, darf nicht eingeschränkt werden.

Art. 16 – Das Recht, sich friedlich und unbewaffnet zu versammeln, ohne daß es einer Anmeldung oder Erlaubnis bedürfte, steht allen Bewohnern der Freien Hansestadt Bremen zu.

Versammlungen unter freiem Himmel können durch Gesetz anmeldepflichtig gemacht werden. Bei unmittelbarer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit können sie durch die Landesregierung verboten werden.

Art. 17 – Das Recht, sich zu gesetzlich zulässigen Zwecken zu Vereinen oder Gesellschaften zusammenzuschließen, steht allen Bewohnern der Freien Hansestadt Bremen zu.

Durch Gesetz sind Vereinigungen zu verbieten, die die Demokratie oder eine Völkerverständigung gefährden.

Art. 18 – Das Recht der Freizügigkeit und der Auswanderung ins Ausland steht jedem Bewohner der Freien Hansestadt Bremen zu.

Art. 19 – Wenn die in der Verfassung festgelegten Menschenrechte durch die öffentliche Gewalt verfassungswidrig angetastet werden, ist Widerstand jedermanns Recht und Pflicht.

Art. 20 – Verfassungsänderungen, die die in diesem Abschnitt enthaltenen Grundgedanken der allgemeinen Menschenrechte verletzen, sind unzulässig.

Die Grundrechte und Grundpflichten binden den Gesetzgeber, den Verwaltungsbeamten und den Richter unmittelbar.

Artikel 1 und Artikel 20 sind unabänderlich.

 

Zweiter Hauptteil

Ordnung des sozialen Lebens

 

1. Abschnitt: Die Familie

 

Art. 21 – Ehe und Familie bilden die Grundlage des Gemeinschaftslebens und haben darum Anspruch auf den Schutz und die Förderung des Staates.

Art. 22 – Mann und Frau haben in der Ehe grundsätzlich die gleichen bürgerlichen Rechte und Pflichten.

Die häusliche Arbeit der Frau wird der Berufsarbeit des Mannes gleichgeachtet.

Art. 23 – Die Eltern haben das Recht und die Pflicht, ihre Kinder zu aufrechten und lebenstüchtigen Menschen zu erziehen. Staat und Gemeinde leisten ihnen hierbei die nötige Hilfe.

In persönlichen Erziehungsfragen ist der Wille der Eltern maßgebend.

Das Erziehungsrecht kann den Eltern nur durch Richterspruch nach Maßgabe des Gesetzes entzogen werden.

Art. 24 – Eheliche und uneheliche Kinder haben den gleichen Anspruch auf Förderung und werden im beruflichen und öffentlichen Leben gleich behandelt.

Art. 25 – Es ist Aufgabe des Staates, die Jugend vor Ausbeutung und vor körperlicher, geistiger und sittlicher Verwahrlosung zu schützen.

Fürsorgemaßnahmen, die auf Zwang beruhen, bedürfen der gesetzlichen Grundlage.

 

2. Abschnitt: Erziehung und Unterricht

 

Art. 26 – Die Erziehung und Bildung der Jugend hat im wesentlichen folgende Aufgaben:

1) Die Erziehung zu einer Gemeinschaftsgesinnung, die auf der Achtung vor der Würde jedes Menschen und auf dem Willen zu sozialer Gerechtigkeit und politischer Verantwortung beruht, zur Sachlichkeit und Duldsamkeit gegenüber den Meinungen anderer führt und zur friedlichen Zusammenarbeit mit anderen Menschen und Völkern aufruft.

2) Die Erziehung zu einem Arbeitswillen, der sich dem allgemeinen Wohl einordnet, sowie die Ausrüstung mit den für den Eintritt ins Berufsleben erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten.

3) Die Erziehung zum eigenen Denken, zur Achtung vor der Wahrheit, zum Mut, sie zu bekennen und das als richtig und notwendig Erkannte zu tun.

4) Die Erziehung zur Teilnahme am kulturellen Leben des eigenen Volkes und fremder Völker.

Art. 27 – Jeder hat nach Maßgabe seiner Begabung das gleiche Recht auf Bildung.

Dies Recht wird durch öffentliche Einrichtungen gesichert.

Art. 28 – Das Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

Art. 29 – Privatschulen können auf Grund staatlicher Genehmigung errichtet und unter Beobachtung der vom Gesetz gestellten Bedingungen betrieben werden. Das Nähere bestimmt das Gesetz unter Berücksichtigung des Willens der Erziehungsberechtigten.

Art. 30 – Es besteht allgemeine Schulpflicht.

Das Nähere bestimmt das Gesetz.

Art. 31 – Das öffentliche Schulwesen ist organisch auszugestalten.

Der Unterricht ist an allen öffentlichen Schulen unentgeltlich.

Lehr- und Lernmittel werden unentgeltlich bereitgestellt.

Minderbemittelten ist bei entsprechender Begabung der über die allgemeine Schulpflicht hinausgehende Besuch der Höheren Schule, der Fachschule oder der Hochschule durch Beihilfen und andere Maßnahmen zu ermöglichen. Das Nähere regelt das Gesetz.

Art. 32 – Die allgemein bildenden öffentlichen Schulen sind Gemeinschaftsschulen mit bekenntnismäßig nicht gebundenem Unterricht in Biblischer Geschichte auf allgemein christlicher Grundlage.

Unterricht in Biblischer Geschichte wird nur von Lehrern erteilt, die sich dazu bereit erklärt haben. Über die Teilnahme der Kinder an diesem Unterricht entscheiden die Erziehungsberechtigten.

Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften haben das Recht, außerhalb der Schulzeit in ihrem Bekenntnis oder in ihrer Weltanschauung diejenigen Kinder zu unterweisen, deren Erziehungsberechtigte dies wünschen.

Art. 33 – In allen Schulen herrscht der Grundsatz der Duldsamkeit. Der Lehrer hat in jedem Fach auf die religiösen und weltanschaulichen Empfindungen aller Schüler Rücksicht zu nehmen.

Art. 34 – Die Hochschulen sind in der Regel staatlich. Sie können auch in Gemeinschaft mit anderen Ländern oder als Zweig einer Hochschule eines anderen Landes errichtet und unterhalten werden.

Art. 35 – Allen Erwachsenen ist durch öffentliche Einrichtungen die Möglichkeit zur Weiterbildung zu geben.

Art. 36 – Der Staat gewährt den Jugendorganisationen Schutz und Förderung.

 

3. Abschnitt: Arbeit und Wirtschaft

 

Art. 37 – Die Arbeit steht unter dem besonderen Schutz des Staates.

Jede Arbeit hat den gleichen sittlichen Wert.

Art. 38 – Die Wirtschaft hat dem Wohle des ganzen Volkes und der Befriedigung seines Bedarfs zu dienen.

Die Wirtschaft der Freien Hansestadt Bremen ist ein Glied der einheitlichen deutschen Wirtschaft und hat in ihrem Rahmen die besondere Aufgabe, Seehandel, Seeschiffahrt und Seefischerei zu pflegen.

Art. 39 – Der Staat hat die Pflicht, die Wirtschaft zu fördern, eine sinnvolle Lenkung der Erzeugung, der Verarbeitung und des Warenverkehrs durch Gesetz zu schaffen, jedermann einen gerechten Anteil an dem wirtschaftlichen Ertrag aller Arbeit zu sichern und ihn vor Ausbeutung zu schützen.

Im Rahmen der hierdurch gezogenen Grenzen ist die wirtschaftliche Betätigung frei.

Art. 40 – Selbständige Klein- und Mittelbetriebe in Landwirtschaft, Industrie, Handwerk, Handel und Schiffahrt sind durch Gesetzgebung und Verwaltung zu schützen und zu fördern.

Genossenschaften aller Art und gemeinnützige Unternehmen sind als Form der Gemeinwirtschaft zu fördern.

Art. 41 – Die Aufrechterhaltung oder Bildung aller die Freiheit des Wettbewerbs beschränkenden privaten Zusammenschlüsse in der Art von Monopolen, Konzernen, Trusts, Kartellen und Syndikaten ist in der Freien Hansestadt Bremen untersagt. Unternehmen, die solchen Zusammenschlüssen angehören, haben mit Inkrafttreten dieser Verfassung daraus auszuscheiden.

Durch Gesetz können nach gutachtlicher Äußerung der Wirtschaftskammer Ausnahmen zugelassen werden.

Art. 42 – I. Durch Gesetz sind in Gemeineigentum zu überführen:

a) Unternehmen, die den im Artikel 41 bezeichneten Zusammenschlüssen angehört haben und auch nach ihrem Ausscheiden aus diesen Zusammenschlüssen noch eine Macht innerhalb der deutschen Wirtschaft verkörpern, die die Gefahr eines politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Mißbrauchs in sich schließt.

b) Unternehmen, deren Wirtschaftszweck besser in gemeinwirtschaftlicher Form erreicht werden kann.

II. Durch Gesetz können in Gemeineigentum überführt werden:

a) Unternehmen, die eine nicht auf eigener technischer Leistung beruhende Monopolstellung innerhalb der deutschen Wirtschaft einnehmen.

b) Die mit öffentlichen Mitteln für Rüstungszwecke geschaffenen Betriebe und die daraus entstandenen neuen Unternehmen.

c) Unternehmen, die volkswirtschaftlich notwendig sind, aber nur durch laufende staatliche Kredite, Subventionen oder Garantien bestehen können.

d) Unternehmen, die aus eigensüchtigen Beweggründen volkswirtschaftlich notwendige Güter verschwenden oder die sich beharrlich den Grundsätzen der sozialen Wirtschaftsverfassung widersetzen.

III. Ob diese Voraussetzungen vorliegen und welche Unternehmen davon betroffen werden, ist in jedem Falle nach gutachtlicher Äußerung der Wirtschaftskammer durch Gesetz zu bestimmen.

Art. 43 – Die Überführung in Gemeineigentum bedeutet, daß das Eigentum des Unternehmens nach gutachtlicher Äußerung der Wirtschaftskammer und der Finanzdeputation entweder in das Eigentum des Landes Bremen oder nach der Belegenheit in das Eigentum der Stadtgemeinde Bremen oder der Stadtgemeinde Bremerhaven oder in das Eigentum eines besonderen gemeinnutzigen Rechtsträgers überführt oder mehreren von ihnen anteilmäßig übertragen wird. Die Verwaltung des in Gemeineigentum überführten Betriebes ist unter Wahrung der im Wirtschaftsleben erforderlichen Entschlußkraft und selbständigen Betätigung der Leitung so zu gestalten, daß eine höchste Leistungsfähigkeit erzielt wird. Das Nähere regelt das Gesetz.

Art. 44 – Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung für Unternehmen, die in Gemeineigentum überführt werden, ist zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfange die Unternehmen auf Kosten der Allgemeinheit, insbesondere aus Kriegsgewinnen entstanden oder erweitert sind. Insoweit ist eine Entschädigung zu versagen.

Art. 45 – 1) Der Staat übt eine Aufsicht darüber aus, wie der Grundbesitz verteilt ist und wie er genutzt wird. Er hat das Fortbestehen und die Neubildung von übermäßig großem Grundbesitz zu verhindern.

2) Enteignet werden kann Grundbesitz auf gesetzlicher Grundlage,

a) soweit er eine bestimmte, vom Gesetz vorgeschriebene Größe übersteigt,

b) soweit sein Erwerb zur Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses, zur Förderung der Siedlung und Urbarmachung oder zur Hebung der Landwirtschaft nötig ist,

c) soweit sein Erwerb zur Schaffung lebensnotwendiger Anlagen wirtschaft­licher und sozialer Art erforderlich ist.

3) Eine Umlegung von Grundstücken ist nach näherer gesetzlicher Regelung vorzunehmen

a) zur Herbeiführung einer besseren wirtschaftlichen Nutzung getrennt liegen­ der landwirtschaftlicher Grundstücke,

b) zur Durchführung einer Stadt- oder Landesplanung, insbesondere auch in kriegszerstörten Gebieten sowie zur Erschließung von Baugelände und zur Herbeiführung einer zweckmäßigen Gestaltung von Baugrundstücken.

Durch Gesetz kann vorgeschrieben werden, daß zu öffentlichen Zwecken, insbesondere für Straßen, Plätze, Grün- und Erholungsflächen, Wasserzüge und ähnliche öffentliche Einrichtungen, Grundflächen der Umlegungsmasse ohne Entschädigung in das Eigentum des Staates oder der Gemeinde übergehen.

4) Grundbesitz ist der Spekulation zu entziehen. Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.

5) Bei Grundbesitz, der landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gartenwirtschaftlichen Zwecken dient, sind durch Gesetz Maßnahmen zu treffen, daß der Grundbesitz ordnungsmäßig bewirtschaftet wird. Das Gesetz kann vorsehen, daß ein Grundstück, das trotz behördlicher Anmahnung nicht ordnungsmäßig bewirtschaftet wird, von einem Treuhänder verwaltet oder einem anderen zur Nutzung auf Zeit übertragen, in besonderen Fällen auch enteignet wird.

Art. 46 – Zur Förderung der Wirtschaft und der Sozialpolitik wird eine Wirtschaftskammer errichtet. Sie ist paritätisch durch Vertreter der Unternehmer und Arbeitnehmer zu bilden und zu verwalten.

Das Nähere regelt das Gesetz.

Art. 47 – Alle Personen in Betrieben und Behörden erhalten gemeinsame Betriebsvertretungen, die in allgemeiner, gleicher, geheimer und unmittelbarer Wahl von den Arbeitnehmern zu wählen sind.

Die Betriebsvertretungen sind dazu berufen, in Benehmen mit den Gewerkschaften gleichberechtigt mit den Unternehmern in wirtschaftlichen, sozialen und personellen Fragen des Betriebes mitzubestimmen.

Das hierfür geltende Recht wird das Gesetz über die Betriebsvertretungen unter Beachtung des Grundsatzes schaffen, daß zentrales Recht Landesrecht bricht. In dem Gesetz sind die öffentlich-rechtlichen Befugnisse der zuständigen Stellen des Landes und der Gemeinden sowie die parlamentarische Verantwortlichkeit bei den Behörden und bei den Betrieben, die in öffentlicher Hand sind, zu wahren.

Art. 48 – Arbeitnehmer und Unternehmer haben die Freiheit, sich zu vereinigen, um die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gestalten. Niemand darf gehindert oder gezwungen werden, Mitglied einer solchen Vereinigung zu werden.

Art. 49 – Die menschliche Arbeitskraft genießt den besonderen Schutz des Staates.

Der Staat ist verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, daß jeder, der auf Arbeit angewiesen ist, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt erwerben kann.

Wer ohne Schuld arbeitslos ist, hat Anspruch auf Unterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen.

Art. 50 – Für alle Personen in Betrieben und Behörden ist ein neues soziales Arbeitsrecht zu schaffen.

Im Rahmen dieses Arbeitsrechts können Gesamtvereinbarungen nur zwischen den Vereinigungen der Arbeitnehmer und Unternehmer oder ihren Vertretungen abgeschlossen werden. Sie schaffen verbindliches Recht, das grundsätzlich nur zugunsten der Arbeitnehmer abbedungen werden kann.

Art. 51 – Das Schlichtungswesen wird gesetzlich geregelt. Die zuständigen staatlichen Schlichtungsstellen haben die Aufgabe, eine Verständigung zwischen den Beteiligten zu fördern und auf Antrag einer oder beider Parteien oder auf Antrag des Senats Schiedssprüche zu fällen.

Die Schiedssprüche können aus Gründen des Gemeinwohls für verbindlich oder allgemein verbindlich erklärt werden.

Das Streikrecht der wirtschaftlichen Vereinigungen wird anerkannt.

Art. 52 – Die Arbeitsbedingungen müssen die Gesundheit, die Menschenwürde, das Familienleben und die wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnisse des Arbeitnehmers sichern. Sie haben insbesondere die leibliche, geistige und sittliche Entwicklung der Jugendlichen zu fördern.

Kinderarbeit ist verboten.

Art. 53 – Bei gleicher Arbeit haben Jugendliche und Frauen Anspruch auf den gleichen Lohn, wie ihn die Männer erhalten.

Der Frau steht bei gleicher Eignung ein gleichwertiger Arbeitsplatz zu.

Art. 54 – Durch Gesetz sind Einrichtungen zum Schutz der Mütter und Kinder zu schaffen und die Gewähr, daß die Frau ihre Aufgabe im Beruf und als Bürgerin mit ihren Pflichten als Frau und Mutter vereinen kann.

Art. 55 – Der 1. Mai ist gesetzlicher Feiertag als Bekenntnis zu sozialer Gerechtigkeit und Freiheit, zu Frieden und Völkerverständigung.

Der Achtstundentag ist der gesetzliche Arbeitstag.

Alle Sonn- und gesetzlichen Feiertage sind arbeitsfrei.

Ausnahmen können durch Gesetz oder Gesamtvereinbarungen zugelassen werden, wenn die Art der Arbeit oder das Gemeinwohl es erfordern.

Das Arbeitsentgelt für die in die Arbeitszeit fallenden gesetzlichen Feiertage wird weitergezahlt.

Art. 56 – Jeder Arbeitende hat Anspruch auf einen bezahlten, zusammenhängenden Urlaub von mindestens 12 Arbeitstagen im Jahr. Dieser Anspruch ist unabdingbar und kann auch nicht abgegolten werden.

Näheres wird durch Gesetz oder Vereinbarungen der beteiligten Stellen geregelt.

Art. 57 – Es ist eine das gesamte Volk verbindende Sozialversicherung zu schaffen.

Die Sozialversicherung hat die Aufgabe, den Gesundheitszustand des Volkes, auch durch vorbeugende Maßnahmen, zu heben, Kranken, Schwangeren und Wöchnerinnen jede erforderliche Hilfe zu leisten und eine ausreichende Versorgung für Erwerbsbeschränkte, Erwerbsunfähige und Hinterbliebene sowie im Alter zu sichern.

Leistungen sind in einer Höhe zu gewähren, die den notwendigen Lebensunterhalt sichern.

Die Sozialversicherung ist sinnvoll aufzubauen. Die Selbstverwaltung der Versicherten wird anerkannt. ihre Organe werden in allgemeiner, gleicher und geheimer Wahl gewählt.

Das Nähere bestimmt das Gesetz.

Art. 58 – Wer nicht in der Lage ist, für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen den notwendigen Lebensunterhalt zu erwerben, erhält ihn aus öffentlichen Mitteln, wenn er ihn nicht aus vorhandenem Vermögen bestreiten kann oder einen gesetzlichen oder anderweitigen Anspruch auf Lebensunterhalt hat.

Durch den Bezug von Unterstützung aus öffentlichen Mitteln dürfen staatsbürgerliche Rechte nicht beeinträchtigt werden.

 

4. Abschnitt: Kirchen und Religionsgesellschaften

 

Art. 59 – Die Kirchen und Religionsgesellschaften sind vom Staate getrennt.

Jede Kirche, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre sämtlichen Angelegenheiten selber im Rahmen der für alle geltenden Gesetze.

Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

Art. 60 – Die Freiheit der Vereinigung zu Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften wird gewährleistet.

Niemand darf gezwungen oder gehindert werden, an einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder religiösen Übung teilzunehmen oder eine religiöse Eidesformel zu benutzen.

Art. 61 – Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie es bisher waren. Anderen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften kann durch Gesetz die gleiche Rechtsstellung verliehen werden, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.

Art. 62 – Soweit in öffentlichen Krankenhäusern, Strafanstalten oder sonstigen öffentlichen Anstalten der Wunsch nach Gottesdienst und Seelsorge geäußert wird, sind die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zuzulassen. Dabei hat jede Art von Nötigung zur Teilnahme zu unterbleiben.

Art. 63 – Die von den anerkannten Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften oder ihren Organisationen unterhaltenen Krankenhäuser, Schulen, Fürsorgeanstalten und ähnlichen Häuser gelten als gemeinnützige Einrichtungen.

 

Dritter Hauptteil

Aufbau und Aufgaben des Staates

 

1. Abschnitt: Allgemeines

 

Art. 64 – Der bremische Staat führt den Namen “Freie Hansestadt Bremen” und ist ein Glied der deutschen Republik.

Art. 65 – Die Freie Hansestadt Bremen bekennt sich zu Demokratie, sozialer Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden und Völkerverständigung.

Art. 66 – Die Staatsgewalt geht vom Volke aus.

Sie wird nach Maßgabe dieser Verfassung und der auf Grund der Verfassung erlassenen Gesetze ausgeübt:

a) unmittelbar durch die Gesamtheit der stimmberechtigten Bewohner des bremischen Staatsgebietes, die ihren Willen durch Abstimmung (Volksentscheid) und durch Wahl zur Volksvertretung (Landtag) äußert,

b) mittelbar durch den Landtag (Bürgerschaft) und die Landesregierung (Senat).

Art. 67 – Die gesetzgebende Gewalt steht ausschließlich dem Volk (Volksentscheid) und der Bürgerschaft zu.

Die vollziehende Gewalt liegt in den Händen des Senats und der nachgeordneten Vollzugsbehörden.

Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige Richter ausgeübt.

Art. 68 – Die Freie Hansestadt Bremen führt ihre bisherigen Wappen und Flaggen.

 

2. Abschnitt: Volksentscheid, Landtag und Landesregierung

 

I. Der Volksentscheid

 

Art. 69 – Beim Volksentscheid sind stimmberechtigt alle Männer und Frauen deutscher Staatsangehörigkeit, die das Wahlrecht zur Bürgerschaft haben.

Die Abstimmung ist allgemein, gleich, unmittelbar und geheim; sie kann nur bejahend oder verneinend lauten.

Der Abstimmungstag muß ein Sonntag oder ein allgemeiner öffentlicher Ruhetag sein.

Art. 70 – Der Volksentscheid findet statt:

a) zur Bestätigung einer Verfassungsänderung, sofern sie nicht von der Bürgerschaft einstimmig beschlossen ist und die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft anwesend ist;

b) wenn die Bürgerschaft eine zu ihrer Zuständigkeit gehörende Frage dem Volksentscheid unterbreitet;

c) wenn ein Fünftel der Stimmberechtigten das Begehren auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs stellt. Der begehrte Gesetzentwurf ist vom Senat unter Darlegung seiner Stellungnahme der Bürgerschaft zu unterbreiten. Der Volksentscheid findet nicht statt, wenn der begehrte Gesetzentwurf in der Bürgerschaft unverändert angenommen worden ist. Ist das Gesetz durch Volksentscheid abgelehnt, so ist ein erneutes Volksbegehren auf Vorlegung desselben Gesetzentwurfes erst zulässig, nachdem inzwischen die Bürgerschaft neu gewählt ist.

Ein Volksentscheid über den Haushaltsplan, über Dienstbezüge und über Steuern, Abgaben und Gebühren sowie über Einzelheiten solcher Gesetzesvorlagen ist unzulässig.

Art. 71 – Soll durch Volksentscheid ein Gesetz erlassen, abgeändert oder aufgehoben werden, so hat der Beschluß über die Herbeiführung eines Volksentscheides oder das Volksbegehren gleichzeitig einen ausgearbeiteten Gesetzentwurf zu enthalten.

Art. 72 – Durch Volksentscheid kann eine Änderung des bestehenden Rechtszustandes nur herbeigeführt werden, wenn sich die Mehrheit der Stimmberechtigten an der Abstimmung beteiligt.

Bei Verfassungsänderungen auf Grund eines Volksbegehrens muß mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten für das Volksbegehren stimmen. Im übrigen entscheidet die einfache Mehrheit.

Art. 73 – Der Senat hat die durch Volksentscheid beschlossenen Gesetze innerhalb von zwei Wochen nach Feststellung des Abstimmungsergebnisses auszufertigen und im Bremischen Gesetzblatt zu verkünden.

Art. 74 – Das Verfahren beim Volksentscheid regelt ein besonderes Gesetz.

 

II. Der Landtag (Bürgerschaft)

 

Art. 75 – Die Bürgerschaft besteht aus hundert Mitgliedern, die auf vier Jahre in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl gewählt werden. Das Nähere bestimmt das Wahlgesetz.

Durch Gesetz kann die Zahl der Mitglieder der Bürgerschaft anders festgesetzt werden.

Auf Wahlvorschläge, für die weniger als fünf vom Hundert der Stimmen im Wahlbereich Bremen bzw. im Wahlbereich Bremerhaven abgegeben werden, entfallen keine Sitze.

Gewählt wird innerhalb des letzten Monats der Wahlperiode der vorhergehenden Bürgerschaft.

Der Wahltag muß ein Sonntag oder allgemeiner öffentlicher Ruhetag sein.

Art. 76 – Wahlberechtigt sind alle über 21 Jahre alten Männer und Frauen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und im bremischen Staatsgebiet mindestens seit drei Monaten vor dem Wahltag wohnen.

Art. 77 – Das Wahlrecht besitzt nicht:

1) wer entmündigt ist, unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistiger Gebrechen unter Pflegschaft steht oder wegen Geisteskrankheit oder wegen Geistesschwäche in einer Anstalt ist;

2) wer in der Ausübung der verfassungsmäßigen Grundrechte beschränkt ist.

Art. 78 – Wählbar zur Bürgerschaft sind alle wahlberechtigten Männer und Frauen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens einem Jahr im bremischen Staatsgebiet wohnen.

Art. 79 – Der Gewählte kann die Wahl ablehnen.

Art. 80 – Die Mitgliedschaft in der Bürgerschaft erlischt durch Verzicht oder durch Wegfall einer für die Wählbarkeit maßgebenden Voraussetzung. Der Verzicht ist dem Präsidenten der Bürgerschaft schriftlich mitzuteilen; er ist unwiderruflich.

Art. 81 – Die Bürgerschaft tritt innerhalb eines Monats nach Ablauf der Wahlperiode der vorhergehenden Bürgerschaft zusammen. Sie wird erstmalig von dem Vorstand der vorhergehenden Bürgerschaft einberufen.

Art. 82 – Die Mitglieder der Bürgerschaft führen ihr Amt als Ehrenamt. Erwerbsausfälle und notwendige Barauslagen werden ihnen aus öffentlichen Mitteln ersetzt. Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung, für die die Bürgerschaft feste Sätze vorschreiben kann. Für den Präsidenten, die Vizepräsidenten und die Schriftführer der Bürgerschaft können besondere Entschädigungen festgesetzt werden.

Art. 83 – Die Mitglieder der Bürgerschaft sind Vertreter der ganzen bremischen Bevölkerung. Sie sind verpflichtet, die Gesetze zu beachten und haben eine besondere Treupflicht gegenüber der Freien Hansestadt Bremen. Im übrigen sind sie nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden.

Sie sind verpflichtet, alle ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Bürgerschaft bekanntwerdenden vertraulichen Schriftstücke, Drucksachen, Verhandlungen der Bürgerschaft und ihrer Ausschüsse sowie der Behörden geheim zu halten.

Art. 84 – Ein Mitglied der Bürgerschaft darf nicht bei Beratungen oder Entscheidungen mitwirken, die ihm selbst oder seinem Ehegatten, seinem Verwandten bis zum dritten oder Verschwägerten bis zum zweiten Grade oder einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen können. Das gilt auch, wenn das Mitglied der Bürgerschaft

1) in der Angelegenheit in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist,

2) gegen Entgelt bei jemand beschäftigt ist, der an der Erledigung der Angelegenheit ein persönliches oder wirtschaftliches Sonderinteresse hat.

Diese Vorschriften gelten nicht, wenn ein Bürgerschaftsmitglied an der Entscheidung der Angelegenheit lediglich als Angehöriger eines Berufes oder einer Bevölkerungsgruppe beteiligt ist, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.

Darüber, ob die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vorliegen, entscheidet der Vorstand der Bürgerschaft.

Wer an der Beratung nicht teilnehmen darf, muß den Beratungsraum verlassen

Art. 85 – Ein Mitglied der Bürgerschaft, das sein Amt ausnutzt, um sich oder anderen persönliche Vorteile zu verschaffen, oder das sich beharrlich weigert, die ihm als Bürgerschaftsmitglied obliegenden Geschäfte zu erfüllen oder das der Pflicht der Verschwiegenheit zuwiderhandelt, kann durch Beschluß der Bürgerschaft ausgeschlossen werden. Ein Antrag auf Ausschließung muß von mindestens einem Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft ausgehen; er ist an den Geschäftsordnungausschuß zur Untersuchung und Berichterstattung zu verweisen. Der Betroffene kann nach Berichterstattung des Geschäftsordnungsausschusses in der Versammlung selbst oder durch ein anderes Mitglied Erklärungen abgeben. Zur Beschlußfassung bedarf es einer Mehrheit von Dreivierteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder oder, falls weniger, jedoch mindestens die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend sind, der Einstimmigkeit.

Bei grober Ungebühr oder wiederholten Zuwiderhandlungen gegen die zur Aufrechterhaltung der Ordnung gegebenen Vorschriften kann ein Mitglied der Bürgerschaft von einer oder mehreren, höchstens drei Sitzungen durch Beschluß der Bürgerschaft ausgeschlossen werden.

Art. 86 – Die Bürgerschaft wählt für ihre Wahlperiode aus ihrer Mitte ihren Vorstand, der aus dem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten und drei Schriftführern besteht. Bei der Zusammensetzung des Vorstandes sind in der Regel die Fraktionen der Bürgerschaft nach ihrer Stärke zu berücksichtigen. Ändert sich während der Wahlperiode die Zusammensetzung der Fraktionen, so sind auf Antrag einer Fraktion Neuwahlen für die Stellen des Vorstandes vorzunehmen, die von der Änderung betroffen werden.

Die Gewählten sind zur Ablehnung der Wahl befugt. Auch kann jedes Mitglied des Vorstandes jederzeit seine Entlassung begehren.

Art. 87 – Anträge auf Beratung und Beschlußfassung über einen Gegenstand können, sofern sie nicht vom Senat ausgehen, nur aus der Mitte der Bürgerschaft gestellt werden.

Zu solchen Anträgen sind alle Mitglieder der Bürgerschaft nach Maßgabe der Geschäftsordnung berechtigt.

Art. 88 – Die Bürgerschaft hält ordentliche Sitzungen in den in der Geschäftsordnung festgelegten Zeitabständen ab, die jedoch in der Regel nicht länger als ein Monat sein dürfen.

Der Vorstand hat eine außerordentliche Versammlung einzuberufen, wenn die Bürgerschaft es beschließt, wenn der Senat es unter Mitteilung des zu beratenden Gegenstandes für erforderlich hält, oder wenn wenigstens ein Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft schriftlich darauf anträgt.

Die Ladungen zu den Versammlungen der Bürgerschaft werden tunlichst schriftlich an jedes Mitglied besonders erlassen, und zwar in der Regel eine Woche, in Ausnahmefällen mindestens zwei Tage vor der Versammlung.

Art. 89 – Zur Beschlußfähigkeit der Bürgerschaft ist eine Teilnahme der Hälfte ihrer Mitglieder erforderlich. Jedoch sind alle Beschlüsse gültig, die gefaßt sind, ohne daß die Beschlußfähigkeit angezweifelt worden ist.

Ausnahmsweise kann auch bei Anwesenheit einer geringeren Zahl von Mitgliedern ein Beschluß gültig gefaßt werden, wenn die Dringlichkeit des Gegenstandes keinen Aufschub gestattet und dies bei der Ladung zu der Versammlung ausdrücklich angezeigt worden ist. Ebenso ist zu verfahren, wenn der Senat beantragt, daß wegen Dringlichkeit des Gegenstandes diese Ausnahme eintritt.

Art. 90 – Soweit die Verfassung nichts anderes bestimmt, faßt die Bürgerschaft ihre Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit der in der Versammlung Anwesenden.

Art. 91 – Die Sitzungen der Bürgerschaft sind öffentlich.

Auf Antrag des Senats oder von mindestens einem Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft tritt die Bürgerschaft in geheimer Sitzung zusammen, in der sie nach Anhörung des Antrages, für den die geheime Sitzung verlangt wird, zuerst beschließt, ob die Sitzung für die Behandlung des in Rede stehenden Gegenstandes geheim bleiben soll. Beschließt die Bürgerschaft, daß die Sitzung nicht geheim bleiben soll, so können die Antragsteller den Antrag, für den die geheime Sitzung verlangt wurde, zurückziehen.

Art. 92 – Der Präsident der Bürgerschaft eröffnet, leitet und schließt die Beratungen.

Ihm liegt die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung sowohl in der Versammlung selbst als auch unter den Zuhörern ob. Wird die Ruhe durch die Zuhörer gestört, so kann er ihre Entfernung veranlassen.

Der Präsident der Bürgerschaft verfügt über die Einnahmen und Ausgaben der Bürgerschaft nach Maßgabe des Haushalts und vertritt die Freie Hansestadt Bremen in allen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten der Bürgerschaft.

Art. 93 – Wegen wahrheitsgetreuer Berichte über die Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen der Bürgerschaft kann niemand zur Verantwortung gezogen werden.

Art. 94 – Kein Mitglied der Bürgerschaft darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seiner Abgeordnetentätigkeit getanen Äußerungen gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb der Bürgerschaft zur Verantwortung gezogen werden.

Art. 95 – Kein Mitglied der Bürgerschaft kann ohne Genehmigung der Bürgerschaft während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, daß das Mitglied bei Ausübung der Tat oder spätestens im Laufe des folgenden Tages festgenommen ist.

Die gleiche Genehmigung ist bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit erforderlich, die die Ausübung der Abgeordnetentätigkeit beeinträchtigt.

Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied der Bürgerschaft und jede Haft oder sonstige Beschränkung seiner persönlichen Freiheit ist auf Verlangen der Bürgerschaft für die Dauer der Sitzungsperiode zu unterbrechen.

Für ein Mitglied, das wegen einer ihm als verantwortlichem Schriftleiter einer Zeitung oder Zeitschrift vorgeworfenen strafbaren Handlung verfolgt werden soll, gelten diese Bestimmungen nicht.

Art. 96 – Die Mitglieder der Bürgerschaft sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordneten Tatsachen anvertrauen, oder denen sie in Ausübung ihres Abgeordnetenberufes solche anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Auch in Beziehung auf Beschlagnahme von Schriftstücken stehen sie den Personen gleich, die ein gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht haben.

Eine Durchsuchung oder Beschlagnahme darf in den Räumen der Bürgerschaft nur mit Zustimmung des Präsidenten der Bürgerschaft vorgenommen werden.

Art. 97 – Die Mitglieder der Bürgerschaft bedürfen zur Ausübung ihrer Abgeordnetentätigkeit keines Urlaubs.

Art. 98 – Dem Senat sind Zeit und Tagesordnung jeder Bürgerschaftssitzung und tunlichst auch aller Ausschußsitzungen rechtzeitig vorher mitzuteilen.

Die Bürgerschaft und ihre Ausschüsse können bei einzelnen Verhandlungsgegenständen die Anwesenheit von Vertretern des Senats verlangen.

Die Mitglieder des Senats und die vom Senat bestellten Vertreter haben zu den Sitzungen der Bürgerschaft und ihrer Ausschüsse Zutritt.

Art. 99 – Anträge des Senats, die er als dringlich bezeichnet, sind vor allen anderen Gegenständen zur Verhandlung zu bringen.

Art. 100 – Jedes Mitglied der Bürgerschaft ist mit Unterstützung von zehn Mitgliedern berechtigt, an den Senat Anfragen in öffentlichen Angelegenheiten zu richten. Die Anfragen sind binnen zwei Wochen zu beantworten. Die Antwort erfolgt schriftlich, wenn nicht die Bürgerschaft mündliche Beantwortung beschließt.

Art. 101 – Die Bürgerschaft beschließt, abgesehen von den ihr durch diese Verfassung zugewiesenen sonstigen Aufgaben, insbesondere über

1) Erlaß, Änderung und Aufhebung von Gesetzen;

2) Festsetzung von Abgaben und Tarifen;

3) Übernahme neuer Aufgaben, für die eine gesetzliche Verpflichtung nicht besteht, besonders vor Errichtung und Erweiterung von öffentlichen Einrichtungen, Betrieben und wirtschaftlichen Unternehmen sowie vor Beteiligung an solchen Unternehmen;

4) Umwandlung der Rechtsform von Eigenbetrieben oder Unternehmen, an denen die Freie Hansestadt Bremen maßgebend beteiligt ist;

5) Bewilligung über- und außerplanmäßiger Ausgaben sowie Genehmigung von Anordnungen, durch die Verbindlichkeiten der Freien Hansestadt Bremen entstehen können, für die keine Mittel im Haushaltsplan vorgesehen sind;

6) Verfügung über Vermögen der Freien Hansestadt Bremen, besonders Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Schenkungen und Darlehnshingaben, soweit es sich nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt;

7) Verzicht auf Ansprüche der Freien Hansestadt Bremen und Abschluß von Vergleichen, soweit es sich nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt.

Anordnungen, die der Gesetzesform bedürfen, können, wenn außerordentliche Umstände ein sofortiges Eingreifen erfordern, durch Verordnung des Senats getroffen werden. Die Verordnung darf keine Änderung der Verfassung enthalten; sie ist sofort der Bürgerschaft zur Bestätigung vorzulegen und, wenn die Bestätigung versagt wird, unverzüglich wieder aufzuheben.

Art. 102 – Die Bürgerschaft darf keine Ausgabe oder Belastung beschließen, ohne daß ihre Deckung sichergestellt ist.

Art. 103 – Von allen Beschlüssen der Bürgerschaft wird dem Senat eine amtliche Ausfertigung zugestellt.

Art. 104 – Der Senat hat, abgesehen von dem Fall des Artikels 101 Abs. 2, das Recht, gegen Beschlüsse der Bürgerschaft innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses unter Darlegung der Gründe Bedenken zu erheben. Alsdann ist die Beschlußfassung der Bürgerschaft zu wiederholen. Beharrt die Bürgerschaft auf ihrem Beschluß, so kommt er nur zustande, wenn ihm bei der abermaligen Beschlußfassung mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft zugestimmt hat.

Art. 105 – Die Bürgerschaft wählt einen Geschäftsordnungsausschuß und für die verschiedenen Zweige ihrer Aufgaben ständige und nichtständige Ausschüsse. Im Geschäftsordnungsausschuß hat der Präsident der Bürgerschaft oder sein Stellvertreter den Vorsitz. Vorsitzer der anderen ständigen Ausschüsse sind die für das Sachgebiet zuständigen Senatoren.

Bei der Zusammensetzung der Ausschüsse sind in der Regel die Fraktionen der Bürgerschaft nach ihrer Stärke zu berücksichtigen. Ändert sich die Zusammensetzung der Fraktionen, so sind auf Antrag einer Fraktion Neuwahlen für die Stellen der Ausschüsse vorzunehmen, die von der Änderung betroffen werden.

In die ständigen Ausschüsse können unter Berücksichtigung von Absatz 2 außer den Senatoren auch andere der Bürgerschaft nicht angehörende Personen zu Mitgliedern gewählt werden.

Die Sitzungen der Ausschüsse sind in der Regel nicht öffentlich.

Die Bürgerschaft kann ihr zustehende Befugnisse, mit Ausnahme endgültiger Gesetzgebung, an die zuständigen Ausschüsse übertragen.

Die Bürgerschaft hat das Recht, parlamentarische Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Diese Ausschüsse und die von ihnen ersuchten Behörden können in entsprechender Anwendung der Strafprozeßordnung alle erforderlichen Beweise erheben, auch Zeugen und Sachverständige vorladen, vernehmen, vereidigen und das Zeugniszwangsverfahren gegen sie durchführen. Das Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis bleibt jedoch unberührt. Die Gerichts- und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, dem Ersuchen dieser Ausschüsse auf Beweiserhebung Folge zu leisten. Die Akten der Behörden sind ihnen auf Verlangen vorzulegen.

Art. 106 – Die näheren Vorschriften über den Geschäftsgang der Bürgerschaft bleiben der Geschäftsordnung vorbehalten, die von der Bürgerschaft nach Maßgabe der Verfassung und der Gesetze festgestellt wird.

 

III. Die Landesregierung (Senat)

 

Art. 107 – Die Landesregierung besteht aus einem Senat, dessen Mitgliederzahl durch Gesetz bestimmt wird.

Die Senatsmitglieder werden von der Bürgerschaft mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen für die Dauer der Wahlperiode der Bürgerschaft gewählt.

Bis zur Wahl eines Senats durch die neue Bürgerschaft führt der bisherige Senat die Geschäfte weiter.

Gewählt werden kann, wer in die Bürgerschaft wählbar ist.

Wiederwahl der Mitglieder des Senats ist zulässig.

Der Gewählte ist zur Annahme der Wahl nicht verpflichtet; auch steht ihm der Austritt aus dem Senat jederzeit frei.

Art. 108 – Die Senatsmitglieder können nicht gleichzeitig der Bürgerschaft angehören.

Ist ein Bürgerschaftsmitglied in den Senat gewählt und daraufhin gemäß Abs. 1 dieses Artikels aus der Bürgerschaft ausgetreten, so hat es, wenn es von dem Amt eines Senatsmitglieds zurücktritt, das Recht, wieder in die Bürgerschaft als Mitglied einzutreten; wer an seiner Stelle aus der Bürgerschaft auszuscheiden hat, bestimmt das Wahlgesetz. Das gleiche gilt, wenn ein Senatsmitglied in die Bürgerschaft gewählt, aber mit Rücksicht auf diesen Artikel nicht in die Bürgerschaft eingetreten ist, für den Fall eines späteren Rücktritts von dem Amte eines Senatsmitglieds.

Art. 109 – Beim Amtsantritt leisten die Mitglieder des Senats vor der Bürgerschaft den Eid auf die Verfassung.

Art. 110 – Der Senat oder ein Mitglied des Senats hat zurückzutreten, wenn die Bürgerschaft ihm durch ausdrücklichen Beschluß ihr Vertrauen entzieht.

Ein Antrag, dem Senat oder einem Mitgliede des Senats das Vertrauen zu entziehen, muß von mindestens einem Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft gestellt und mindestens eine Woche vor der Sitzung, auf deren Tagesordnung er gebracht wird, allen Bürgerschaftsmitgliedern und dem Senat mitgeteilt werden.

Der Beschluß auf Entziehung des Vertrauens kommt nur zustande, wenn die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl zustimmt. Er wird rechtswirksam, wenn die Bürgerschaft einen neuen Senat oder ein neues Mitglied des Senats gewählt oder ein Gesetz beschlossen hat, durch das die Zahl der Mitglieder entsprechend herabgesetzt wird.

Wenn sich ein Mitglied des Senats beharrlich weigert, den ihm gesetzlich oder nach der Geschäftsordnung obliegenden Verbindlichkeiten nachzukommen oder der Pflicht zur Geheimhaltung zuwiderhandelt oder die dem Senat oder seiner Stellung schuldige Achtung gröblich verletzt, so kann ihm auf Antrag des Senats durch Beschluß der Bürgerschaft die Mitgliedschaft im Senat entzogen werden.

Art. 111 – Die Mitglieder des Senats können wegen vorsätzlicher Verletzung der Verfassung auf Beschluß der Bürgerschaft vor dem Staatsgerichtshof angeklagt werden.

Der Beschluß kommt nur zustande, wenn zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft anwesend sind und wenigstens zwei Drittel der Anwesenden, mindestens aber die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl zustimmen.

Art. 112 – Die Mitglieder des Senats führen die Amtsbezeichnung “Senator”.

Sie erhalten eine von der Bürgerschaft festgesetzte Vergütung. Übergangsgeld, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung können durch Gesetz vorgesehen werden.

Art. 113 – Mit dem Amt eines Senatsmitgliedes ist die Ausübung eines anderen öffentlichen Amtes oder einer anderen Berufstätigkeit in der Regel unvereinbar. Der Senat kann Senatsmitgliedern die Beibehaltung ihrer Berufstätigkeit gestatten.

Die Wahl in den Vorstand, Verwaltungsrat oder Aufsichtsrat industrieller oder ähnlicher, den Gelderwerb bezweckender Unternehmungen dürfen Senatsmitglieder nur mit besonderer Genehmigung des Senats annehmen. Einer solchen Genehmigung bedarf es auch, wenn sie nach ihrem Eintritt in den Senat in dem Vorstand, Verwaltungsrat oder Aufsichtsrat einer der erwähnten Unternehmungen bleiben wollen. Die erteilte Genehmigung ist dem Präsidenten der Bürgerschaft anzuzeigen.

Art. 114 – Zwei Mitglieder des Senats sind Bürgermeister.

Sie werden durch den Senat in geheimer Abstimmung gewählt. Gleichzeitig wählt der Senat einen der beiden Bürgermeister in geheimer Abstimmung zum Präsidenten des Senats. Außerdem kann der Senat, wenn sich seine Zusammensetzung ändert, eine Neuwahl der Bürgermeister und des Präsidenten beschließen.

Wiederwahl ist zulässig.

Wer die Wahl ablehnen oder das Amt des Präsidenten oder Bürgermeisters niederlegen will, bedarf dazu der Zustimmung des Senats.

Art. 115 – Der Präsident des Senats wird zunächst durch den anderen Bürgermeister und erforderlichenfalls durch ein anderes, von ihm dazu bestimmtes Mitglied des Senats vertreten.

Der Präsident des Senats hat die Leitung der Geschäfte des Senats; er hat für den ordnungsmäßigen Geschäftsgang Sorge zu tragen sowie für die gehörige Ausführung der von den einzelnen Mitgliedern des Senats wahrzunehmenden Geschäfte.

Von allen an ihn für den Senat gelangenden Eingaben muß er dem Senat in der nächsten Versammlung Mitteilung machen.

Art. 116 – Jedes Mitglied des Senats hat das Recht, die Beratung und Beschlußfassung über einen Gegenstand zu beantragen.

Art. 117 – Zu einem Beschluß des Senats ist einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Präsidenten. Die Sitzungen sind nicht öffentlich.

Bei Beratung und Entscheidung über Beschwerden, die beim Senat über Verfügungen oder Unterlassungen der mit einzelnen Geschäftszweigen beauftragten Mitglieder erhoben werden, dürfen die dabei beteiligten Mitglieder nicht zugegen sein.

Art. 118 – Der Senat führt die Verwaltung nach den Gesetzen und den von der Bürgerschaft gegebenen Richtlinien. Er vertritt die Freie Hansestadt Bremen nach außen. Zur Abgabe von rechtsverbindlichen Erklärungen für die Freie Hansestadt Bremen ist der Präsident des Senats oder sein Stellvertreter ermächtigt.

Der Senat ist Dienstvorgesetzter aller im Dienst der Freien Hansestadt Bremen stehenden Personen, er stellt sie ein und entläßt sie. Dabei hat er den Stellenplan zu beachten.

Der Senat kann seine Befugnisse nach Absatz 1 und 2 ganz oder teilweise auf seine Mitglieder übertragen.

Zur Übernahme des ihm übertragenen Geschäfts ist regelmäßig jedes Mitglied verpflichtet.

Bei Verhinderung einzelner Mitglieder ist eine Vertretung durch andere Mitglieder des Senats zulässig.

Art. 119 – Der Senat darf keine Beschlüsse der Bürgerschaft ausführen, die mit den Gesetzen nicht im Einklang stehen. Er darf auch keine Ausgaben anordnen oder irgendwelche Belastungen für die Freie Hansestadt Bremen übernehmen, für die eine ordnungsmäßige Deckung nicht vorhanden ist.

Art. 120 – Die Mitglieder des Senats tragen nach einer vom Senat zu beschließenden Geschäftsverteilung die Verantwortung für die einzelnen Verwaltungsbehörden und Ämter. Sie sind innerhalb ihres Geschäftsbereichs befugt, die Freie Hansestadt Bremen zu vertreten. Sie haben dem Senat zur Beschlußfassung zu unterbreiten:

1) alle an die Bürgerschaft zu richtenden Anträge des Senats,

2) Angelegenheiten, für die Verfassung oder Gesetze die Entscheidung des Präsidenten des Senats oder des Senats vorschreiben,

3) Angelegenheiten, die für die gesamte Verwaltung von Bedeutung sind,

4) Meinungsverschiedenheiten über Fragen, die den Geschäftsbereich mehrerer Verwaltungsbehörden oder Ämter berühren.

Art. 121 – Der Senat übt das Recht der Begnadigung aus. Er kann die Befugnis auf andere Stellen übertragen.

Die Bestätigung eines Todesurteils bleibt dem Senat vorbehalten.

Allgemeine Straferlasse und die Niederschlagung einer bestimmten Art gerichtlich anhängiger Strafsachen bedürfen eines Gesetzes. Die Niederschlagung einer einzelnen gerichtlich anhängigen Strafsache ist unzulässig.

 

3. Abschnitt: Rechtsetzung

 

Art. 122 – Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts sind Bestandteile des Landesrechts. Sie sind für den Staat und für den einzelnen Staatsbürger verbindlich.

Art. 123 – Die Gesetzesvorlagen werden durch Volksbegehren, vom Senat oder aus der Mitte der Bürgerschaft eingebracht.

Die von der Bürgerschaft oder durch Volksentscheid beschlossenen Gesetze werden dem Senat zur Ausfertigung und Verkündung zugestellt.

Der Senat hat, vorbehaltlich des Artikels 104, die verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetze innerhalb eines Monats auszufertigen und im Bremischen Gesetzblatt zu verkünden.

Art. 124 – Der Senat erläßt die zur Ausführung eines Gesetzes erforderlichen Rechts- ­und Verwaltungsverordnungen, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Art. 125 – Eine Verfassungsänderung kann nur in der Form erfolgen, daß eine Änderung des Wortlauts der Verfassung oder ein Zusatzartikel zur Verfassung beschlossen wird.

Bei einer Verfassungsänderung haben drei Lesungen an verschiedenen Tagen stattzufinden. Die Bürgerschaft hat den Antrag auf Verfassungsänderung nach der ersten Lesung an einen nichtständigen Ausschuß im Sinne des Artikels 105 dieser Verfassung zu verweisen. Nach Eingang des Berichtes dieses Ausschusses haben zwei weitere Lesungen an verschiedenen Tagen stattzufinden.

Ein Beschluß auf Abänderung der Verfassung kommt nur zustande, wenn

a) die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft zustimmt und

b) die so beschlossene Verfassungsänderung durch Volksentscheid angenommen ist.

Der Volksentscheid ist nicht erforderlich, wenn die Verfassungsänderung von der Bürgerschaft einstimmig angenommen ist und die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft anwesend ist.

Art. 126 – Gesetze und Verordnungen treten, soweit sie nichts anderes bestimmen, mit dem auf ihre Verkündung folgenden Tage in Kraft.

 

4. Abschnitt: Verwaltung

 

Art. 127 – Die Verwaltungsbehörden und Ämter werden nach Richtlinien und Weisungen des zuständigen Senators von fachlich geeigneten Personen geleitet.

Art. 128 – Die öffentlichen Ämter sind allen Staatsbürgern zugänglich.

Für die Anstellung und Beförderung entscheiden ausschließlich Eignung und Befähigung nach Maßgabe der Gesetze.

Art. 129 – Für die Angelegenheiten der verschiedenen Verwaltungszweige kann die Bürgerschaft gemäß Artikel 105 ständige Ausschüsse (Deputationen) einsetzen. Das Nähere wird durch ein Deputationsgesetz bestimmt.

Art. 130 – Das am Tage der Eingliederung Bremerhavens in das Land Bremen vorhandene Vermögen der Freien Hansestadt Bremen gilt als Vermögen der Stadtgemeinde Bremen. Das bisherige Vermögen der Stadtgemeinde Bremerhaven bleibt Vermögen Bremerhavens.

Art. 131 – Das Rechnungsjahr läuft vom 1. April bis 31. März des folgenden Kalenderjahres. Es wird nach dem Kalenderjahr benannt, in dem es beginnt.

Vor Beginn jedes Rechnungsjahres hat die Bürgerschaft ein Haushaltsgesetz zu erlassen. Es enthält die Festsetzung

1) der veranschlagten Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan,

2) der Steuersätze, soweit sie für jedes Rechnungsjahr festzusetzen sind,

3) des Höchstbetrages der Kassenkredite,

4) des Gesamtbetrages der Anleihen, die zur Bestreitung von Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplanes bestimmt sind. Eine unabhängige Rechnungsprüfung wird durch Gesetz geregelt.

Art. 132 – Das Haushaltsgesetz bildet die Grundlage für die Verwaltung aller Einnahmen und Ausgaben. Der Senat hat die Verwaltung nach dem Haushaltsgesetz zu führen. Er darf die Haushaltsmittel nur insoweit und nicht eher in Anspruch nehmen, als es bei einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich ist.

Art. 133 – Der Senat hat über die Einnahmen und Ausgaben des Rechnungsjahres der Bürgerschaft in dem folgenden Rechnungsjahr Rechnung zu legen.

 

5. Abschnitt: Rechtspflege

 

Art. 134 – Die Rechtspflege ist nach Reichs- und Landesrecht im Geiste der Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit auszuüben.

Art. 135 – Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene Gerichte ausgeübt.

An der Rechtspflege sind Männer und Frauen aus dem Volk zu beteiligen. Ihre Zuziehung und die Art ihrer Auswahl wird durch Gesetz geregelt.

Art. 136 – Die rechtsgelehrten Mitglieder der Gerichte werden von einem Ausschuß gewählt, der aus drei Mitgliedern des Senats, fünf Mitgliedern der Bürgerschaft und drei Richtern gebildet wird. Das Nähere bestimmt das Gesetz.

Die rechtsgelehrten Richter werden auf Lebenszeit berufen, wenn sie nach ihrer Persönlichkeit und ihrer bisherigen juristischen Tätigkeit die Gewähr dafür bieten, daß sie ihr Amt im Geiste der Menschenrechte, wie sie in der Verfassung niedergelegt sind, und der sozialen Gerechtigkeit ausüben werden.

Erfüllt ein Richter nach seiner Berufung auf Lebenszeit diese Bedingung nicht, so kann ihn der Staatsgerichtshof auf Antrag der Bürgerschaft oder des Senats seines Amtes für verlustig erklären und zugleich bestimmen, ob er in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen oder zu entlassen ist. Der Antrag kann auch von dem Justizsenator im Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuß gestellt werden. Während des Verfahrens ruht die Amtstätigkeit des Richters.

Art. 137 – Richter können wider ihren Willen auch sonst nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus den Gründen und unter den Formen, die die Gesetze bestimmen, dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung Richter in den Ruhestand treten.

Die vorläufige Amtsenthebung, die kraft Gesetzes eintritt, wird hierdurch nicht berührt.

Bei einer Veränderung in der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können unfreiwillige Versetzungen an ein anderes Gericht oder Entfernung vom Amte unter Belassung des vollen Gehalts durch die Justizverwaltung verfügt werden.

Art. 138 – Richter, die vorsätzlich ihre Pflicht, das Recht zu finden, verletzt haben, können auf Antrag der Bürgerschaft oder des Senats vor den Staatsgerichtshof gezogen werden, wenn dies zum Schutze der Verfassung oder ihres Geistes gegen Mißbrauch der richterlichen Gewalt erforderlich erscheint.

Der Staatsgerichtshof kann in solchen Fällen auf Amtsverlust erkennen und zugleich bestimmen, ob ein solcher Richter in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen oder zu entlassen ist.

Art. 139 – Es wird ein Staatsgerichtshof errichtet.

Der Staatsgerichtshof besteht, sofern er nicht gemeinsam mit anderen deutschen Ländern oder gemeinsam für alle deutschen Länder eingerichtet wird, aus dem Präsidenten des höchsten bremischen Gerichts oder seinem Stellvertreter sowie aus sechs gewählten Mitgliedern, von denen zwei rechtsgelehrte bremische Richter sein müssen.

Die gewählten Mitglieder werden von der Bürgerschaft unverzüglich nach ihrem ersten Zusammentritt für die Dauer ihrer Wahlperiode gewählt und bleiben im Amt, bis die nächste Bürgerschaft die Neuwahl vorgenommen hat. Bei der Wahl soll die Stärke der Parteien nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Die gewählten Mitglieder dürfen nicht Mitglieder des Senats oder der Bürgerschaft sein. Wiederwahl ist zulässig.

Art. 140 – Der Staatsgerichtshof ist zuständig für die Entscheidung von Zweifelsfragen über die Auslegung der Verfassung und andere staatsrechtliche Fragen, die ihm der Senat, die Bürgerschaft oder ein Fünftel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft des Landes Bremen vorlegt, sowie für die anderen in der Verfassung vorgesehenen Fälle.

Art. 141 – Zum Schutz des einzelnen gegen Anordnungen und Verfügungen oder pflichtwidrige Unterlassungen der Verwaltungsbehörden steht der Rechtsweg an die ordentlichen Gerichte oder Verwaltungsgerichte offen. Diese sind befugt, bei ihren Entscheidungen die Gesetzmäßigkeit von Rechtsverordnungen, behördlichen Verfügungen und Verwaltungsmaßnahmen zu prüfen.

Art. 142 – Gelangt ein Gericht bei der Anwendung eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung, auf deren Gültigkeit es bei einer Entscheidung ankommt, zu der Überzeugung, daß das Gesetz oder die Rechtsverordnung verfassungswidrig sei, so teilt es seine Bedenken auf dem Dienstwege dem Senat mit. Dieser führt eine Entscheidung des Staatsgerichtshofes herbei. Er kann dabei seine Ansicht dem Staatsgerichtshof mitteilen. Die Entscheidung des Staatsgerichtshofes ist endgültig. Sie ist im Gesetzblatt zu veröffentlichen und hat Gesetzeskraft.

 

6. Abschnitt: Gemeinden

 

Art. 143 – Die Stadt Bremen und die Stadt Bremerhaven bilden jede für sich eine Gemeinde des bremischen Staates.

Die Freie Hansestadt Bremen bildet einen aus den Gemeinden Bremen und Bremerhaven zusammengesetzten Gemeindeverband höherer Ordnung.

Art. 144 – Die Gemeinden sind Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts. Sie haben das Recht auf eine selbständige Gemeindeverfassung und innerhalb der Schranken der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung.

Art. 145 – Die Verfassungen der Gemeinden werden von den Gemeinden selbst festgestellt. Durch Gesetz können dafür Grundsätze bestimmt werden.

Die Gemeinden können für die Verwaltung örtlicher Angelegenheiten bestimmter Stadtteile, insbesondere der stadtbremischen Außenbezirke, durch Gemeindegesetz örtlich gewählte Bezirksvertretungen einrichten.

Art. 146 – Für das Finanzwesen der Gemeinden gelten die Bestimmungen der Artikel 102, 131, 132 und 133 entsprechend.

Art. 147 – Der Senat hat die Aufsicht über die Gemeinden.

Die Aufsicht beschränkt sich auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Art. 148 – Sofern nicht die Stadtgemeinde Bremen gemäß Artikel 145 durch Gesetz etwas anderes bestimmt, sind die Stadtbürgerschaft und der Senat die gesetzlichen Organe der Stadtgemeinde Bremen. Auf die Verwaltung der Stadtgemeinde Bremen sind in diesem Falle die Bestimmungen dieser Verfassung über Bürgerschaft und Senat entsprechend anzuwenden. Die Stadtbürgerschaft besteht aus den von den stadtbremischen Wählern in die Bürgerschaft gewählten Vertretern.

Der Präsident der Bürgerschaft ist, sofern die Stadtbürgerschaft nicht etwas anderes beschließt, zugleich Präsident der Stadtbürgerschaft. Seine Befugnisse in der Stadtbürgerschaft beschränken sich jedoch, wenn er nicht von den stadtbremischen Wählern in die Bürgerschaft gewählt ist, lediglich auf die Führung der Präsidialgeschäfte. Dasselbe gilt entsprechend von den übrigen Mitgliedern des Vorstandes.

Art. 149 – Durch Gesetz kann bestimmt werden, daß einzelne Verwaltungszweige einer Gemeinde von staatlichen Behörden oder einzelne Verwaltungszweige des Staates von Behörden einer Gemeinde wahrzunehmen sind, und ob dafür eine Vergütung zu zahlen ist.

 

Übergangs- und Schlußbestimmungen

 

Art. 150 – Wenn in Gesetzen und Verordnungen vom geltenden Reichsrecht abgewichen werden soll, kommt ein entsprechender Beschluß der Bürgerschaft nur zustande, wenn zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft anwesend sind und wenigstens zwei Drittel der Anwesenden, mindestens aber die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl zustimmen.

Dieser Artikel gilt bis zum Inkrafttreten einer Verfassung der deutschen Republik.

Art. 151 – Der Senat wird ermächtigt, mit Zustimmung der Bürgerschaft für die Übergangszeit, solange keine deutsche Zentralregierung vorhanden ist, an zonale oder überzonale Organisationen Zuständigkeiten der Freien Hansestadt Bremen, insbesondere auf dem Gebiete der auswärtigen Beziehungen, der Wirtschaft, der Ernährung, des Finanzwesens und des Verkehrs zu übertragen.

Art. 152 – Bestimmungen dieser Verfassung, die der künftigen deutschen Verfassung widersprechen, treten außer Kraft, sobald diese rechtswirksam wird.

Art. 153 – Gesetze, die aus Anlaß der gegenwärtigen Notlage ergangen sind oder noch ergehen werden, können unerläßliche Eingriffe in das Grundrecht der Freizügigkeit, der Freiheit der Berufswahl und der Wohnungsfreiheit zulassen.

Dieser Artikel tritt mit dem 31. Dezember 1949 außer Kraft. Die Bürgerschaft kann diese Frist durch Gesetz verlängern, wenn die Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl zustimmt.

Art. 154 – Zur Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus und zur Beseitigung ihrer Folgen werden während einer Übergangszeit durch Gesetz Rechtsvorschriften erlassen, die von den Bestimmungen der Verfassung abweichen.

Dieser Artikel tritt mit dem 31. Dezember 1948 außer Kraft. Die Bürgerschaft kann diese Frist durch Gesetz verlängern, wenn die Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl zustimmt.

Art. 155 – Diese Verfassung ist nach ihrer Annahme durch Volksentscheid vom Senat unverzüglich im Bremischen Gesetzblatt zu verkünden und tritt mit dem auf ihre Verkündung folgenden Tage in Kraft.

Mit dem gleichen Tage treten alle der Verfassung entgegenstehenden Gesetze außer Kraft.

 

Diese Verfassung ist von der Bürgerschaft am 15. September 1947 beschlossen und durch Volksabstimmung am 12. Oktober 1947 angenommen worden. Dies wird hiermit vom Senat verkündet.

 

Bremen, den 21. Oktober 1947.

 

 

 

 

 

FONTE:

Huber, Ernst Rudolf (a cura di) , Quellen zum Staatsrecht der Neuzeit, Band 2, Deutsche Verfassungsdokumente der Gegenwart (1919-1951), Dr. M. Matthiesen & Co. KG., Tübingen 1951.



Download in formato Word

Torna su